Täglich eine frische Rose

Ein schlichtes Wasserbecken am Reichstag soll an die Ermordung von Sinti und Roma durch die Nazis erinnern. Seit fast einem Jahr liegt der Entwurf für das Mahnmal auf Eis

An manchen Tagen wirkt die Rasenfläche am Rande des Tiergartens ganz still – zwischen dem Laub der alten Bäumen schimmert das Südportal des Reichstags, auf der anderen Seite drängeln sich die Autos der Touristen über die Scheidemannstraße. Eine Lichtung, nicht einmal halb so groß wie ein Fußballfeld. Doch er Blick auf den Reichstag und der Tiergarten haben für Petra Rosenberg, Geschäftsführerin des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma in Berlin und Brandenburg, eine besondere Bedeutung: „An diesen Orten wurde die Vernichtung der Sinti und Roma Europas geplant, beschlossen und organisiert.“

Seit Mitte der 90er-Jahre legen Überlebende der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik gemeinsam mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und der Internationale Liga für Menschenrechte jedes Jahr im Juli mit einer symbolischen Geste kleine Feldsteine auf das Gras: Denn bis heute erinnert in Deutschland kein zentrales Mahnmal an die Ermordung von rund 500.000 Sinti und Roma während des Nationalsozialismus. Nach jahrelangem zähem Ringen wird das Projekt zwar inzwischen von der Bundesregierung grundsätzlich befürwortet. Und auch das Land Berlin hat die Wiese im Tiergarten – trotz des Widerstands der CDU – für das Mahnmal freigegeben.

Bereits seit fast einem Jahr gibt es hierfür auch einen Entwurf des international renommierten israelischen Künstlers Dani Karavan. Nach Informationen der taz handelt es sich dabei um ein kreisrundes Wasserbecken, in dessen Mitte auf einem dreieckigen Sockel täglich eine frische Rose niedergelegt werden soll. Kurz nach der internen Vorstellung im Sommer 2001 hatten der Zentralrat Deutscher Roma und Sinti, die wichtigsten Landesvereinigungen sowie Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) gleichermaßen Zustimmung signalisiert und erklärt, die Idee überzeuge durch „Schlichtheit und Unauffälligkeit“.

Doch seitdem passierte nichts mehr – trotz der geringen Baukosten für das Mahnmal, die von Kenner auf weniger als fünf Millionen Euro geschätzt werden. „Aus Sicht des Landes Berlin ist das Mahnmal politisch gewollt und dem Baubeginn steht nichts mehr entgegen“, sagt Ephraim Gothe, Referent des Senatsbaudirektors, und betont, dass das Land den Ort im Tiergarten zur Verfügung gestellt habe.

Zuständig für die Realisierung des Projekts sei wegen dessen bundespolitischen Bedeutung – so wie beim Mahnmal für die ermordeten Juden Europas auch – nunmehr Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin. Der will sich angeblich in den kommenden Wochen mit Interessenvertretern von Sinti und Roma treffen, um letzte Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen. Denn auch die Kostenübernahme für den Bau des Mahnmals für die ermordeten Roma und Sinti Europas durch den Bund scheint relativ unstrittig, zumal der Kulturausschuss des Bundestages bereits über den Entwurf informiert ist.

Petra Rosenberg hofft nun, dass das Mahnmal für die ermordeten Roma und Sinti Europas zeitgleich mit dem Holocaust-Mahnmal fertiggestellt werden wird. „Gerade angesichts des zunehmenden Antiziganismus und Antisemitismus“ sei es wichtig, mit einem zentralen Mahnmal „gerade an diesem Ort“ die breite Öffentlichkeit „zu erinnern und zu mahnen, damit sich das Unrecht des Nationalsozialismus nicht wiederholen kann“. HEIKE KLEFFNER