WESTERWELLE FÜHRT DIE FDP KONSEQUENT ZUM RECHTSPOPULISMUS
: Kein Pardon

Guido Westerwelle wünscht sich, dass seine Partei nicht länger mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert werde. Doch zugleich ist sich der FDP-Chef mit seinem Stellvertreter Jürgen Möllemann darin einig, dass es doch sehr schön wäre, wenn antisemitisch denkende Deutsche seiner Partei zu 18 Prozent verhelfen würden. Nicht anders ist das Verhalten der FDP zu interpretieren, wenn sie einerseits Möllemanns Ausfälle gegen Michel Friedman in wortreichen Erklärungen „missbilligt“, andererseits der Parteichef gleichzeitig frank und frei zugibt, dass diese Stellungnahme sicherlich nicht ausreichen wird, den Zentralrat der Juden zu besänftigen.

Eine gütliche Einigung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland liegt demnach nicht länger im Interesse der Partei. Eine Entschuldigung ist nicht mehr vorgesehen – denn die könnte die dringend erwünschten Wählerstimmen am rechten Rand kosten. Wenn die FDP nun, nach ihrer mauen Distanzierung von Möllemann, fordert, die andere Seite solle jetzt ihre Antisemitismus-Beschuldigung zurücknehmen, dann ist das eine hinterhältige Strategie. Den Vorwurf zurücknehmen könnte der Zentralrat nämlich nur, wenn seine Ursache zurückgenommen worden wäre. Das aber ist nicht der Fall.

Tatsache ist: Möllemann hat mit seiner Behauptung, Michel Friedman vom Zentralrat der Juden sei für den Judenhass selbst verantwortlich, uralte antisemitische Klischees bedient. Diese Aussage haben weder er noch Guido Westerwelle jemals korrigiert. Westerwelle spricht von „Verirrungen“ und „Missverständnissen“. Doch es gibt nichts, was man missverstehen könnte. Der Zentralrat der Juden hat sehr wohl verstanden. Der stellvertretende Parteichef der FDP hat sich antisemitisch geäußert. Wäre er missverstanden worden, dann hätten die Zuhörer etwas in seine Worte hineininterpretiert, was er so gar nicht geäußert hat, wären also quasi mitschuldig daran, dass der Bedauernswerte nun in eine Ecke gestellt wird, in die er gar nicht gehört. Genau das wünscht sich Westerwelle. Doch Möllemann steht genau da, wo er hingehört.

Vor ein paar Wochen begann es mit einem unbedeutenden Provinzpolitiker namens Jamal Karsli. Ein allerdings bemerkenswerter verbaler antisemitischer Ausfall – mehr aber noch nicht. Erst durch Jürgen Möllemanns Äußerungen wurde daraus der Verdacht, dass da ein Führungsmitglied eine demokratischen Partei in eine ganz neue, alte Richtung steuern will. Jetzt ist daraus die Gewissheit entstanden, dass es der Parteichef selbst ist, der ein paar lumpiger Wählerstimmen wegen bereit ist, einen Grundkonsens aller Demokraten aufzugeben. KLAUS HILLENBRAND