Streitschlichter machen Krawall

Jugendliche Konfliktmanager schlichten zwischen streitenden Mitschülern und ernten Lob von allen Seiten. Nun fordern sie, von Einsparungen verschont zu werden. Schulsenator Böger lobt die Lotsen und schweigt übers Geld

Konfliktlotsen sind Schülern, die sich als Vermittler um Streitereien in ihrer Schule kümmern. 400 der insgesamt 1.400 Berliner Mediatoren trafen sich gestern zum Erfahrungsaustausch in der Friedrich-Ebert-Stiftung. Doch vorherrschendes Thema waren der Konflikt mit dem sparwütigen Senat. Denn auch das Konfliktlotsen-Projekt wird aller Wahrscheinlichkeit dem Rotstift nicht entgehen. So droht etwa der Wilmersdorfer Jugendbildungsstätte Kaubstraße, in der jährlich 44 Schlichter ausgebildet werden, nach Angaben von Mitarbeiter Thomas Janoschka eine zwanzigprozentige Kürzung. „Das würde die Möglichkeiten unserer Arbeit erheblich einschränken“, so Janoschka.

Gegen die Sparmaßnahmen verabschiedete das Treffen eine Resolution an Schulsenator Klaus Böger (SPD). Gefordert wird eine Ausweitung der Projekts auf alle Berliner Schulen, gesicherte Zusatzstunden für engagierte Lehrer, Sicherung der finanziellen Mittel sowie die Schaffung einer Koordinierungsstelle in der Senatsverwaltung. Böger lobte zwar vor Ort die versammelten Mediatoren für ihr Engagement, ging auf die Resolution aber nicht ein.

Auch von anderer Seite wurden die Lotsen mit Lob überschüttet. Katja Meyer von der Friedrich-Ebert-Stiftung merkte an, dass Gewalt an Schulen ein großes Thema in den Medien sei, jedoch „positives Engagement, wie das eure, zu wenig Beachtung findet“. Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John prieß die nachhaltige Wirkung, die die Mediatoren an ihren Schulen hinterlassen: „Das ist keine Eintagsfliege, sondern ein ansteckendes Konzept, das sich durch euch sogar auf das Leben in euren Familien auswirken kann.“

Zu den ersten zur Mediatorin Ausgebildeten gehört Melanie Hipke. 1999 nahm die heute 16-Jährige an einem achttägigen Trainingsprogramm teil. Bis zu 50 so genannte Schlichtstunden pro Schuljahr absolviert das 18-köpfige Mediatorenteam an Melanies Schule, der Spandauer B.-Traven-Oberschule. „Einmal hat sich ein Pärchen aus der siebten Klasse an uns gewendet“, erzählt Hipke. „Sie wollte nicht mehr mit ihm zusammen sein, er hat sie dann ständig belästigt und Briefchen geschrieben.“ Nach dem von den Lotsen moderierten Gespräch hätte sich die Sache dann schnell erledigt.

Es gehört ausdrücklich nicht zu den Aufgaben der Schlichter, bei Prügeleien auf dem Schulhof dazwischenzugehen. Vielmehr soll die Atmosphäre in den Klassen verbessert, eine positive Streitkultur etabliert werden. Wenn sich Konfliktparteien – manchmal sind das ganze Klassen – an die Schlichterteams wenden, werden beide Seiten gehört und im Idealfall wird eine Lösung gefunden, die schriftlich festgehalten wird.

CHRISTOPH SCHULZE