Mehr Überwachung

Der Grundrechte-Report 2002 beleuchtet die Folgen der Antiterrorgesetze – mit einem „dramatischem Befund“

BERLIN taz ■ Die Einschränkungen der Freiheitsrechte seit dem 11. September stehen im Mittelpunkt des „Grundrechte-Reports 2002“, der gestern vorgestellt wurde. Dieser erscheint seit sechs Jahren im Rowohlt-Verlag und versteht sich als „alternativer Verfassungsschutzbericht“. Herausgeber sind sieben Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Humanistische Union.

Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Jürgen Kühling diagnostizierte für das vergangene Jahr eine beschleunigte Erosion der Grundrechte: „Der Befund ist dramatisch.“ Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch trug als einer von knapp vierzig Autoren zum Bericht bei. Hirsch zeigt auf, wie das Recht auf Reisefreiheit beschnitten wird: Ohne dass die Betroffenen davon wissen, sind in zwei Datenbanken rund 2.500 Personen erfasst, deren Ausreise aus Deutschland verhindert werden soll – darunter Fußballhooligans, aber auch Globalisierungskritiker. Hirsch nennt diese Datenbank „klar verfassungswidrig“. Für ihn drängt sich ein Vergleich mit der DDR geradezu auf.

Andere Autoren sehen Parallelen zum Apartheid-Regime in Südafrika – nämlich bei der Behandlung von Asylbewerbern, die immer noch der so genannten Residenzpflicht unterworfen sind. Nur mit einer Sondergenehmigung dürfen sie den Landkreis verlassen, dem sie zugeteilt wurden. Ansonsten drohen Bußen oder Gefängnisstrafen.

Außerdem werden im Grundrechte-Report die zunehmenden technischen Möglichkeiten der Überwachung kritisiert: Mit „Imsi-Catchern“ werden in Deutschland Bewegungsprofile von Handybesitzern erstellt. Die kürzlichen Gesetzesänderungen erlauben die Speicherung biometrischer Daten, und seit längerem überwachen Videokameras öffentliche Räume. Einen konkreten Nutzen dieser Maßnahmen für die Terrorbekämpfung können die Herausgeber des Grundrechte-Reportes nicht erkennen. Jedoch einen enormen Schaden für die Bürger: „Die Überwacher von heute kommen auf den leisen Sohlen des Beschützers, der den Bruder wohlmeinend entmündigt“, warnte Burkhard Hirsch. PHILIPP MÄDER