Stoiber nennt alle Vorwürfe abstrus

Bei der Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss des Bundestags in München bestreitet der Kanzlerkandidat, dass die CSU illegale Millionenzahlungen des Rüstungslobbyisten Schreiber erhielt. Seine Vorladung sei rot-grünes Wahlkampfgetöse

MÜNCHEN afp/rtr/taz ■ Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber will mit möglichst weißer Weste in den Wahlkampf ziehen. Vor dem Parteispendenuntersuchungsausschuss des Bundestages wies er deshalb gestern Nachmittag alle Vorwürfe des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber zurück, wonach die CSU illegale Millionenspenden kassiert habe. „Die von Schreiber behaupteten Zahlungseingänge hat es nie gegeben“, sagte der CSU-Chef bei seiner Vernehmung durch Bundestagsabgeordnete in München. Er habe auch keine Kenntnis von Schreibers angeblichen Zahlungen, weil er nicht mit Parteispenden befasst gewesen sei.

Stoiber warf SPD und Grünen in der von rund 100 Journalisten verfolgten Anhörung im bayerischen Landtag vor, ihn aus Wahlkampfgründen vorzuladen. „Tatsache ist: Ich bin hier nur, weil ich Kanzlerkandidat bin.“ Schreibers Vorwürfe seien zu wirr und abstrus, um ernst genommen zu werden, behauptete Stoiber.

Schreiber hatte bei einer Vernehmung durch den Ausschuss im kanadischen Toronto erklärt, er habe dem inzwischen verstorbenen CSU-Spendensammler Franz Dannecker zwei Millionen Mark (rund eine Million Euro) an Spenden für die Partei zukommen lassen. Stoiber sei darüber informiert gewesen. Beweise legte er nicht vor. SPD und Grüne hatten daraufhin Stoiber vorgeladen. Schreiber ist Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre, weil er CDU-Politikern Spenden übergab, die nicht verbucht wurden. Er hat sich nach Kanada abgesetzt, um einer Strafverfolgung wegen Untreue, Betrug und Steuerhinterziehung zu entgehen.

Stoiber sagte in seiner 20-minütigen Eingangsrede, Wirtschaftsprüfer hätten die CSU-Finanzen durchleuchtet und keine Zahlungen Schreibers entdeckt. Die CSU habe die von Schreiber angegebenen verdeckten Transfer-Konten nie benutzt. Der Lobbyist hatte erklärt, es habe ein Konto für CSU-Spenden in der Schweiz gegeben. Hinter dem Namen „Maxwell“ in seinem von Ermittlern sichergestellten Terminkalender verberge sich als Zahlungsempfänger der CSU-Spendensammler Dannecker. Die Staatsanwaltschaft Augsburg vermutet hinter dem Namen jedoch den Politiker-Sohn Max Strauß, gegen den wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. Er soll bei Airbus-Geschäften angebliche Provisionen von Schreiber in Höhe von 5,2 Millionen Mark nicht versteuert haben.

Der CSU-Chef warf der rot-grünen Koalition vor, mit seiner Vorladung Wahlkampf zu betreiben – und schoss zurück: „Die Wahrheit ist: Die Ausschussmehrheit von SPD und Grünen muss heute ein solches Schauspiel betreiben, weil Rot-Grün im Wahlkampf in Atemnot gekommen ist.“ Dies werde der Bundesregierung aber nicht helfen.

Stoibers Einvernahme fand aus Termingründen in München statt. Der Untersuchungsausschuss reiste mit einem eigenen Verwaltungsstab an, der gleichzeitig tagende Schreiber-Ausschuss des Landtags unterbrach seine Sitzung. Schon Stunden vor der Sitzung belagerten dutzende TV-Teams den Senatssaal. Wie bei seiner Einvernahme im Untersuchungsausschuss zur LWS-Affäre im Herbst vermied es Stoiber, sich vor laufenden Kameras auf seinen Stuhl in der Mitte des Sitzungssaals zu setzen. Er blieb stehen, bis der Ausschussvorsitzende die Kamerateams hinausgeschickt hatte.

Vor Stoiber wies auch ein Ex-MBB-Spitzenmanager Spekulationen über Geheimzahlungen an die CSU bei Rüstungsgeschäften mit Kanada zurück. „Ich habe von nichts dergleichen gewusst“, sagte Ex-MBB-Vorstand Kurt Pfleiderer vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags. „Ganz klar nein“, fügte er auf die Frage hinzu, ob ihm Geheimflüsse an eine deutsche Partei aus Provisionen Schreibers bei MBB-Hubschraubergeschäften mit Kanada bekannt seien.

Pfleiderer widersprach damit den Aussagen seines früheren MBB-Managerkollegen Helge Wittholz, wonach möglicherweise bei einem Hubschraubergeschäft in den 80er-Jahren mit Kanada aus Provisionen Schreibers Geld illegal an die CSU geflossen sei. Es habe sich dabei angeblich um die Rückerstattung einer CSU-Wahlkampfhilfe für den späteren kanadischen Regierungschef Brian Mulroney gehandelt, hatte Wittholz unter Berufung auf Pfleiderer als Informanten vor dem Ausschuss gesagt. Pfleiderer war bei MBB für das internationale Hubschraubergeschäft zuständig.