Der Elite verpflichet

Wo der Weltfrieden von der Wirtschaft ausgeht und Gleichberechtigung großgeschrieben wird: Die Hamburger Verfassung wird 50 Jahre alt. Dazu gibt es heute einen Tag der offenen Tür im Rathaus

von ELKE SPANNER

Fünfzig Jahre wird die Hamburger Verfassung alt, und Bürgerschaftspräsidentin Dorothee Stapelfeldt (SPD) sowie Bürgermeister Ole von Beust (CDU) freuen sich in der Einladung zum heutigen „Tag der offenen Tür“ über „die schönsten Sätze“, die sie in der Präambel gefunden haben: Hamburg, heißt es dort, habe als Welthafenstadt eine besondere Aufgabe zu erfüllen: „Sie will im Geiste des Friedens eine Mittlerin zwischen allen Erdteilen und Völkern der Welt sein.“

Ausgehen soll der Weltfrieden ausgerechnet von der Hamburger Wirtschaft: „Durch Förderung und Lenkung befähigt sie ihre Wirtschaft zur Erfüllung dieser Aufgaben.“ Für Stapelfeldt und von Beust schwingt darin dennoch „jener hanseatische Dreiklang aus Weltgewandtheit, Offenheit und Toleranz“.

Die Verfassung beschreibt in der Präambel ihre Ziele, im Gesetzestext die staatlichen Grundlagen. Während das Grundgesetz der Bundesrepublik die Aufgaben der Organe wie Bundestag und -regierung bestimmt, legt das Hamburger Pendant die Zusammensetzung und Aufgaben der Bürgerschaft, des Senates, der Verwaltung und Rechtsprechung fest. Weiterführende Gesetze wie das „Gesetz über die Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft“ regeln dann Details.

Neun Änderungen hat es gegeben, seit die Verfassung 1952 verabschiedet wurde. Am umfassendsten war die Reform 1996. Da wurde die Volksgesetzgebung in Hamburg eingeführt. Laut Präambel sind die Hamburger BürgerInnen verpflichtet, „für das Wohl des Ganzen zu wirken“: Das soll darin liegen, dass „die Allgemeinheit in Fällen der Not den wirtschaftlich Schwachen hilft und bestrebt ist, den Aufstieg der Tüchtigen zu fördern“. Was die Elitenförderung anbelangt, hat das 1952 verfasste Werk durch den Regierungswechsel ganz neue Aktualität gewonnen.

In anderen Punkten ist die heutige Regierung den damaligen Verfassungsgebern allerdings um Jahrzehnte hinterher. Laut Artikel drei hat die „Staatsgewalt“ darauf hinzuwirken, dass „Frauen und Männer in kollegialen öffentlich-rechtlichen Beschluß- und Beratungsorganen gleichberechtigt vertreten sind“. Die RepräsentantInnen jener Staatsgewalt sind an dieser Aufgabe schon bei ihrer eigenen Zusammensetzung gescheitert: Neben acht Männern sind mit Dana Horáková und Birgit Schnieber-Jastram nur zwei Frauen in den Senat berufen worden.