ürdrüs wahre kolumne
Muße muss sein
: Auf den Seehund gekommen

Manchmal ist die klatschende Putzfrau Rosi Roland ja ganz schön sozialneidisch. Kann man es einem Rundfunk-Intendanten wirklich verübeln, wenn er seine dringend gebotenen Privattransporte mit einem Dienstfahrzeug vornehmen lässt? Schließlich trägt der Mann nicht nur Verantwortung, sondern muss sich für seinen Job wie jeder andere Mitarbeiter von Radio Bremen auch immer wieder neu motivieren. In der Chefetage gibt es aber niemand, der da Streicheleinheiten an Untergebene verteilen könnte oder masochistisch veranlagte Gemüter per Anschiss zur Höchstleistung anspornt. Insofern sind die Privilegien der öberschten Leitung eben keine Wohltaten, sondern Teil eines konstruktiven Personal-Managements.

Freudig bewegt habe ich von der Möglichkeit erfahren, mit dem neuen Semesterticket von Bremen aus mit der Bahn bis Hamburg, Hannover und Osnabrück juckeln zu können und erwäge nunmehr, mich trotz meines gesetzten Alters erneut zu immatrikulieren. Welches Fach muss man eigentlich belegen, um als studentischer Gremienvertreter auf der Liste „Gorilla-Guerilla“ den akademisch-brachialen Dauerstreit mit dem Herrn Affenfolterer zu führen? Sachdienliche Hinweise dazu bitte über die Redaktion an mich weiterleiten.

Jetzt auch noch Bürgermeister Henning Scherf auf Seiten der Bremer Vision Parade: Hier hätte man angesichts der Bedeutung von House und Techno für den Drogenhandel wenigstens etwas protestantischen Trotz erwarten können! Weiß der Lange denn gar nicht, dass bei solchen Wummer-Paraden der Spaßgesellschaft nicht das von Haile Selassie und Peter Paul Zahl gesegnete Heilige Kraut dominiert, sondern die seuchenmäßige Produktion dilettierender IG Farben-Nachfolger? Nun, Schicksal, nimm Deinen Lauf – und sorge wenigstens dafür, dass die Sponsoren genügend nackerte KleindarstellerInnen auf die Wagen bringen, damit Exhibitionismus und Voyeurismus sich über die Linse der Kodak-Einwegkkameras angemessen begegnen können. Und wenn man die dazugehörige Musik rückwärts abspielt, wird man ganz deutlich die satanischen Verse hören können: „Das Ende kommt näher, spring doch vom Fallturm...“ Mehr Muße muss sein!

Deutschland stirbt aus und um dieser Tendenz entgegenzuwirken, müht sich die Bravo als Zentralorgan der Pickelcreme-User und mini.ob-Probepackbestellerinnen engagiert darum, die Bettspielchen beim Nachwuchs in die Gänge zu bringen – neuerdings sogar mit beiliegenden Bagger-Cards, mit denen selbst Schüchterne und Sprachlose ihre Paarungsbereitschaft signalisieren können: „Ich bin Organspender, brauchst du irgendetwas“, wird da als Strategie gepriesen oder auch „Du gehörst eingesperrt – in mein Zimmer“. Was am Ende dabei rauskommt und nicht gleich in der Babyklappe landet, stolpert dann in zwanzig Jahren als DER NEUE KARSTEN JANCKER über den Rasen. Sollte man sich das nicht auch als No Angels-Fan gründlich überlegen?

Kirchenasyl in der Waller Immanuel-Gemeinde für den libanesischen Kurden Schokli, Roma von Ausweisungen ins Nirgendwo bedroht und immer noch kein Ankermieter für den Space Park: Wie geht das alles zusammen in den Bremer Festwochen des Müßiggangs, die derzeit vom Verein OTIUM zelebriert werden? Fragt sich und dich vor seiner heutigen Freitagsmesse zu diesem Thema in der GaDeWe

Ulrich
„Diogenes“ Reineking