„Da geht es schlicht um viel Geld“

Das BIPS erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bremer Modellprojekt zur Brustkrebs-Früherkennung / „Völlig unzureichende wissenschaftliche Begleitung“, wirft BIPS-Leiter Greiser der Planungsstelle vor und schmeißt das Handtuch

„Wir werden nicht mehr mit unserem guten Namen für dieses Projekt bürgen“. Harte Worte von Eberhard Greiser, Abteilungsleiter beim Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, kurz BIPS. Worte, die sich gegen das Bremer Modellprojekt zur Früherkennung von Brustkrebs richten. Und nicht nur Worte. Das BIPS, obwohl einer der Antragsteller, die sich 1998 für das Projekt stark gemacht haben, macht nicht mehr mit. „Geheimhaltungspolitik“ wirft Greiser der Kölner Planungsstelle vor, die neben der Bremer Region auch die beiden anderen Modellregionen Weser-Ems und Wiesbaden betreut. Bei der Planungsstelle, eingesetzt vom Bundesausschuss der Ärzte und Kassen, gebe es offensichtlich kein großes Interesse an einer Auswertung der Daten. Zigmal hätten Mitarbeiter des BIPS Vorschläge zur „Evaluierung“, zur Auswertung und zur Dokumentation gemacht, „sie wurden von der Planungsstelle nicht aufgegriffen“.

Ob diese Auswertung überhaupt sinnvolle Ergebnisse bringen könnte, scheint zudem fraglich: Von den 70.000 Bremer Frauen zwischen 50 und 70 Jahren, für die die Reihenuntersuchung gedacht ist, sollten in einem Zeitraum von drei Jahren 50.000 gescreent werden. Nach Auskunft des Leiters des Bremer Modellprojekts, Hans Junkermann, sind bis Ende März , nach Ablauf eines knappen Jahres, erst rund 5.000 Frauen der Einladung zum Screening ins St.Jürgen-Krankenhaus gefolgt.

Ausländischen Studien zufolge ermöglicht die Reihenuntersuchung die Senkung der Brustkrebs-Sterblichkeit um 30 Prozent. Eine Zahl, die auch das BIPS seinerzeit überzeugt hat. „Je früher der Brustkrebs entdeckt wird, desto höher die Chancen. Und bei der Mammographie lassen sich Knoten unter elf Millimeter feststellen“. Für ein wissenschaftliches Institut wie das BIPS ist jedoch eine Überprüfung der Erfolge des Massen-Röntgens immer wieder angezeigt, „um den Nutzeffekt zu prüfen“. Zumal die Reihenuntersuchung, wenn sie nach Abschluss der Modellphase bundesweit eingeführt werden sollte, an die 200.000 Euro im Jahr kosten wird. „Ich habe das Gefühl, da geht es schlicht um viel Geld“, sagt Greiser, und fürchtet, dass Lobbyisten sich durchsetzen. „Dafür werden wir nicht das Feigenblatt spielen“.

Die Kölner Planungsstelle und auch der Leiter des Bremer Modells weisen die Vorwürfe des BIPS zurück. „Eine wissenschaftliche Auswertung der Daten findet statt und zwar durch eine internationale Expertenrunde“, so der Sprecher der Planungsstelle Friedrich Hansen. Diese Auswertung bezieht sich aber nur auf die Qualität der Technik und der Begutachter. Vom Leiter des niederländischen Screening-Zentrums, Jan Hendriks, bekommt das Bremer Pilotprojekt in dieser Hinsicht die besten Noten.

Dem BIPS aber geht es um eine umfassende Begleitung. „Bevor man bundesweit für viel Geld neue Techniken und Institutionen einführt, müssen komplexe Fragen gestellt werden“, so Greiser. Dank des Bremer Krebsregisters weiß man zum Beispiel, dass hier schon 1999 – also vor dem Modellversuch – fast ein Viertel aller Brustkrebs-Geschwüre unter elf Millimetern Durchmesser gefunden wurden. Ein Beweis dafür, dass auch das Screening in den niedergelassenen Praxen Erfolg hatte. Ob sich unter diesen Umständen die Erfolgszahl von einer 30-prozentigen Senkung der Sterblichkeitsrate durch die Reihenuntersuchung halten lässt, ist für das Institut fraglich. Fürs Erste aber seien solche Fragen nicht gefragt.

Auch ohne das BIPS wird in Bremen weiter gescreent. Die Gesundheitssenatorin, ebenfalls auf der Liste der Antragsteller für das Modellprojekt, „steht nach wie vor dazu“, so die Sprecherin des Ressorts. hey