Der Flug ist schon gebucht

Nach erneuter Sieglosigkeit beim 0:0 gegen Uruguay droht Titelverteidiger Frankreich die vorzeitige Abreise von der WM in Asien. Am Dienstag müssen zwei Tore Vorsprung gegen Dänemark her

aus Busan RALF ITZEL

Bixente Lizarazu besaß kaum noch die Kraft, sein Trikot über den Kopf zu ziehen. Mit welchem Uruguayer er das Hemd da tauschte, dürfte der Verteidiger von Bayern München nicht wahrgenommen haben, so leer war der Blick, so ausgemergelt und erschöpft der ganze kleine Kerl. Die Franzosen hängen in den Seilen nach diesem 0:0 gegen Uruguay, der K.o. scheint nah. „Noch gibt es Hoffnung“, sagte Roger Lemerre zwar nach diesem Überlebenskampf im Asiad Stadion, „noch können wir uns qualifizieren“, aber das klang traurig und nicht aufmunternd. Es wird im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark eines Kraftaktes bedürfen, der seiner Mannschaft kaum zuzutrauen ist. Oder zaubert Zidane, der am Dienstag zurückerwartet wird, doch den Sieg mit zwei Toren Unterschied, der die Blamage noch abwenden könnte?

Mal angenommen, der große Coup gegen Ebbe Sand, Stig Töfting und die anderen gelingt, bliebe dem ursprünglichen Favoriten mehr als die Rolle eines Außenseiters? Einige haben offensichtlich nichts mehr im Tank, allen voran Lizarazu. Ausgepowert reisten er und andere von ihren Klubs zu dieser WM, bei der die Kraftreserven zum entscheidenden Faktor werden dürften. Für Mannschaften wie die Italiens könnte der Fluch, im internationalen Vereinsfußball versagt zu haben, in Asien zum Segen werden. Die Equipe Tricolore aber hat durch die Schlappe gegen Senegal und das gestrige Unentschieden auch noch mit einer Gewohnheit gebrochen. 1998 und 2000 begann sie mit zwei Siegen und konnte im dritten Vergleich die Stars schonen und Ergänzungsspieler lancieren. Gegen Dänemark werden sie alles in die Waagschale werfen müssen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und dann würden immer noch Größen wie Argentinien oder Brasilien den Weg versperren, denn zu allem Übel hat Frankreich auch noch die schwerere Hälfte des Tableaus erwischt.

Die Hindernisse werden immer größer für die Mannen von Roger Lemerre, der gegen Uruguay trotz Drucks der Medien und einiger Spieler wie Kapitän Desailly nichts veränderte an seinem System mit zwei defensiven und drei offensiven Mittelfeldspielern hinter einer Spitze. Den Kritikern ist die Anordnung zu durchschaubar, und Mittelstürmer Thierry Henry links zu weit ab vom Schuss. Letzteres hat sich durch den harschen Platzverweis in der 25. Minute nun erst mal erübrigt. Nach den Verletzungen von Zidane und Pires, der den Regisseur wohl als Einziger ansatzweise hätte ersetzen können, der nächste Schlag. Auch zu zehnt dominierte Frankreich über weite Strecken eine Partie, die nach der Pause von einer hässlichen Treterei zum wilden Schlagabtausch mutierte. Beiden schwebte das Damoklesschwert über dem Kopf, eine Niederlage hätte das sofortige Aus bedeutet. Die Torhüter Barthez und Carini bewahrten ihre Teams mit Weltklasseleistungen vor dem Untergang.

Der ist nun vertagt, mindestens bis Dienstag und dem dramatischen letzten Gruppenspieltag, der allen vieren noch Chancen lässt. Der Weltmeister stemmt sich in Incheon gegen das drohende Ende einer Ära. In diesem Vorort der Hauptstadt liegt auch der internationale Airport. Den Rückflug für Mittwoch nach Paris haben die Franzosen vorsichtshalber schon gebucht.

Frankreich: Barthez - Thuram, Leboeuf (16. Candela), Desailly, Lizarazu - Vieira, Petit - Wiltord (90. Dugarry), Micoud, Henry - Trezeguet (81. Cisse) Uruguay: Carini - Lembo, Sorondo, Montero - Varela, Romero (71. de los Santos), Garcia, Rodriguez (72. Guigou) - Recoba - Silva (59. Magallanes), AbreuSchiedsrichter: Ramos (Mexiko), Zuschauer: 38.287; Rote Karte: Henry (25./grobes Foulspiel)