piwik no script img

CDU contra Mitbestimmung

Ver.di und Personalrat von Radio Bremen protestieren gegen geplante Einschränkungen der Mitbestimmungs-Regelungen. CDU-Chef will auch wieder kostenlose Wahlwerbung haben

Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien von SPD und CDU haben gestern eilige Post von der Dienstleistungs-Gewerkschaft ver.di bekommen. Sie möchten bitte, heißt es da, „Paragraf 47 der Landesverfassung ernst nehmen“, in dem geregelt ist, dass es bei Radio Bremen dieselben Mitbestimmungsregelungen geben soll wie im öffentlichen Dienst.

Der Hintergrund dieses Briefes: CDU-Chef Bernd Neumann will die Mitbestimmungsregelungen von Radio Bremen geändert wissen und soll sich darin mit dem Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann (SPD), einig sein. Am Sonntag um 11 Uhr tagt der Koalitionsausschuss zu dem Punkt, am gestrigen Freitagabend musste der Landesvorstand der SPD seine Position noch festlegen. Das, was Neumann vorhat, kommt für ver.di einer „faktischen Abschaffung effektiver Mitbestimmung gleich“, hat der Bezirksvorstand in seiner Resolution festgestellt. Denn in Konfliktfällen soll nicht mehr die paritätisch besetzte Einigungsstelle das letzte Wort haben. Wenn ein Thema von „Bedeutung für die Erfüllung der Aufgaben der Anstalt“ ist, soll der Intendant das „Letzt-Entscheidungsrecht“ bekommen.

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD ist diese Angleichung des bremischen Personalvertretungsrechtes mit der „umfassenden Kooperation mit dem NDR“ begründet – die ist aber „weder geplant noch absehbar“, schreibt der Personalrat. In einem „offenen Brief“ hat der Personalrat gestern gleichzeitig die Belegschaft über die drohenden Veränderungen informiert. Der Fall ist eilig: In dem Koalitionsgespräch geht es generell um die Änderungen des Radio-Bremen-Gesetzes. Neumann will auch die Zustimmung der SPD dafür bekommen, dass Radio Bremen im kommenden Jahr wieder Wahlwerbung ausstrahlt. Als rechte Parteien diese Möglichkeit kostenloser Publicity nutzen wollten, ist kostenlose Wahlwerbung grundsätzlich abgeschafft worden. Wenn die Änderung im Wahlkampf 2003 greifen soll, muss das Radio-Bremen-Gesetz rasch geändert werden. Und noch eine Frage gibt es, über die sich die Koalition verständigen will: Im Rundfunkrat sind zwei Sitze, die traditionell dem SPD-Lager zufielen, weggefallen, weil die Arbeitnehmerkammern fusioniert haben und der DGB Bremerhaven nun durch den DGB Bremen vertreten wird. Personalratschef Bernd Graul befürchtet, dass seine Mitbestimmungsinteressen bei dieser Gemengelage unter die Räder geraten. „Da soll ein Exempel statuiert werden für die Novellierung des Personalvertretungsgesetzes für den öffentlichen Dienst insgesamt“, befürchtet er. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen