Geplatzte Kragen

Heute Großdemonstration gegen Bildungsabbau in Hamburg. Senator Lange will stur auf Kurs bleiben

Hamburgs Schulsenator Rudolf Lange (FDP) steht nach eigenen Worten eine „interessante Woche“ bevor. Für heute haben Lehrer- und Elternverbände zu einer Demonstration gegen seine Sparpolitik aufgerufen, für die Bürgerschaftssitzung am Mittwoch hat die SPD die Abwahl des Senators beantragt, und am Freitag soll er vor dem Schulausschuss der Bürgerschaft aussagen. Dennoch will Lange daran festhalten, 345 Lehrerstellen zu streichen. Gegenüber dpa verteidigte er dies mit bemerkenswerter Logik: „Damit schaffen wir eine solide Basis, auf der wir gemäß Koalitionsvertrag jährlich 100 neue Stellen schaffen.“

Dennoch wird es am Ende der Legislaturperiode weniger Lehrerstellen geben als am Anfang, obwohl die Schülerzahl bis dahin steigt. Auch der rechnerisch höhere Bedarf, um die Verkürzung der Schulzeit auf zwölf Jahre bis zum Abitur umzusetzen, ist nicht berücksichtigt.

Seine Vorwürfe gegen Landesschulrat Peter Daschner und den inzwischen versetzten Leiter der Verwaltungsabteilung, Dietrich Lemke, am 30. Mai in der Bürgerschaft bedauere er, sagte Lange. Ihm sei „der Kragen geplatzt“. Lange hatte den beiden Spitzenbeamten Unfähigkeit vorgeworfen. Er ließ offen, ob er ihnen eine Aussagegenehmigung vor dem Schulausschuss erteilen will, wenn diese geladen werden sollten.

Der Kragen platzt auch vielen anderen: Eltern, Schüler, Lehrer, Referendare – auf Lange sind sie alle sauer. Deshalb beginnt heute Vormittag die Großdemonstration „Feuer und Flamme für Bildung“. Die SchülerInnenkammer ruft zu drei zentralen Sternmärschen jeweils um 11:30 Uhr auf, Treffpunkte sind auf dem Hachmannplatz am Hauptbahnhof, an der Tankstelle am Dammtorbahnhof oder am Bahnhof Landungsbrücken.

Auch die Oppositionsparteien sind empört und unterstützen die Proteste: Die GAL erscheint zur Kundgebung um 13.30 Uhr vor dem Rathaus. Die SPD beschwert sich besonders laut über das herrschende „Chaos“ in der Bildungspolitik. In der neuen Rolle der Ankläger fühlen sich beide ganz wohl, noch vor vier Jahren standen sie selbst am Pranger: Wegen Kürzungen in der Bildungspolitik nach den Haushaltsberatungen 1998 waren sie Ziel mehrerer Großdemonstrationen.

Auch die Studenten bezeugen ihre Sympathie, haben sie doch ein ähnliches Problem mit Langes Kollegen Jörg Dräger. Treffpunkt ist vor dem Audimax auf dem Universitäts-Campus um 12 Uhr. BUB / SMV