UNO tadelt Spanien

Bericht kritisiert die Verletzung von Rechten minderjähriger Flüchtlinge. Die Regierung in Madrid weiß von nichts. Opposition verlangt Stellungnahme

MADRID taz ■ Die Vereinten Nationen gehen mit Spanien hart ins Gericht. Die Behandlung von Kindern, die Minderheiten angehören, sei „zutiefst alarmierend“, heißt es in einem Bericht des Komitees für Kinderrechte. Mit dieser Stellungnahme antwortet die UNO auf ein Dokument über die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen, das Spanien vor wenigen Wochen anlässlich des UN-Weltkindergipfels vorgelegt hat. Neben dem Nachwuchs von Sinti und Roma, der nur mangelnde Schulbildung und Gesundheitsversorgung genießt, beklagt die UNO vor allem die Lebensbedingungen minderjähriger Einwanderer.

Der Bericht konzentriert sich auf die beiden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla an der marokkanischen Mittelmeerküste. Trotz eines doppelten Grenzzauns und strenger Kontrollen gelingt immer mehr Einwanderern der Grenzübertritt, unter ihnen hunderte von Kindern, meist marokkanischer Herkunft. 2002 verdoppelte sich die Zahl der allein stehenden minderjährigen Einwanderer gegenüber dem Vorjahr. Die Behörden sind dazu verpflichtet, sich dieser Kinder und Jugendlichen anzunehmen. Doch die vorhandenen Aufnahmeheime sind nach UN-Angaben „restlos überfüllt“. Viele Kinder leben deshalb auf der Straße. Doch auch in den Heimen würde vielen Betroffenen eine angemessene Gesundheitsversorgung und der Schulbesuch versagt. Die Kinder und Jugendlichen seien „Misshandlungen seitens der Beamten“ ausgesetzt. Immer wieder komme es zu „Massenabschiebungen“. Und das, obwohl die spanischen Behörden keine Versuche unternehmen, die Eltern der Betroffenen ausfindig zu machen. Viele Kinder würden auf der anderen Seite von den marokkanischen Polizisten geschlagen und mitten in der Nacht ausgesetzt.

„Das Komitee bedauert, dass einige seiner früheren Empfehlungen nicht umgesetzt worden sind“, heißt es im UN-Bericht. Einmal mehr verlangen die Spezialisten aus New York, dass die entsprechenden spanischen Stellen mit mehr Mitteln ausgestattet werden. Bereits vor Monaten beschwerten sich die beiden internationalen Menschenrechtsorganisationen amnesty international und Humans Right Watch über diese Zustände.

Die Regierung in Madrid sieht das anders. „Wir wissen nicht, auf was sich die Vereinten Nationen stützen“, heißt es in einer Regierungserklärung. Die Stadtverwaltungen von Ceuta und Melilla schließen sich dem an und bezeichnen die Tatsachen, auf die sich der Bericht stützt, als „falsch und manipuliert“. Der in Melillas Stadtregierung für Soziale Angelegenheit zuständige Mohammed Chaib beschimpft die UNO als „Witzverein“ und verlangt von der Regierung in Madrid, „energisch gegen die Lügen und Verleumdungen zu protestieren“. Nach diesen Erklärungen verlangt die sozialistische Opposition, dass der konservative Innenminister Mariano Rajoy „die Vorwürfe genau untersucht und vor dem Parlament Stellung bezieht“. Der Chef der Vereinung für Menschenrechte in Andalusien, Rafael Lara, geht noch weiter. Er will, dass die Staatsanwaltschaft umgehend eingreift, da in den beiden Städten „systematisch gegen die Gesetzeslage verstoßen wird“. REINER WANDLER