hinterhergewunken
: Solidarische Hilfe wird Geldhahn zugedreht

Lange genug geholfen?

„Zu links und zu frech“ sei die Solidarische Hilfe, vermutet die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Karoline Linnert, als Grund dafür, dass die Arbeitslosen- und Sozialhilfeberatung mit Standpunkten in Hemelingen und Bremen-Nord nur noch bis Ende des Jahres gesichert ist. Wie es danach weitergeht, darüber werde in diesem Herbst entschieden – so steht es in der Vorlage über die weitere Förderung von Arbeitsloseninitiativen und -beratungsstellen (die taz berichtete).

Bei der vorangegangenen Ausschreibung der Mittel für die offene Beratung war die Solidarische Hilfe leer ausgegangen. Die Bremer Arbeit GmbH (bag), der operative Arm des Arbeitsressorts für Beschäftigungspolitik, hatte die Angebote von fünf Initiativen ausgewertet und drei zur Förderung vorgeschlagen: die Arbeitsgemeinschaft arbeitsloser BürgerInnen (Agab), das Arbeitslosenzentrum Tenever und Arbeit und Zukunft – Letztere beide Einrichtungen der Evangelischen Kirche.

Die Solidarische Hilfe und das Bürger- und Sozialzentrum Huchting gingen leer aus. Für die Solidarische Hilfe bedeutet das: weiterkrepeln wie bisher. Die Initiative, die rund 2.000 Beratungen im Jahr absolviert, funktioniert mit zwei halben Stellen, die aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert werden, gut 6.000 Euro Landesgeld pro Halbjahr für Miete und Sachmittel sowie diversen ABM-, SAM- oder BSHG-Kräften.

Die Solidarische Hilfe bekam schon mal mehr Geld, unter anderem wurden zwei feste Stellen finanziert. Seit 2000 ist es damit vorbei. Bei den zwei halben Stellen, die die Initiative jetzt aus eigener Kraft wuppt, müsse es unbedingt bleiben, sagt Geschäftsführerin Margot Müller: „Sonst können wir die Qualität vergessen.“ Das Können qualifizierter Beratung lasse sich kaum von ABM zu ABM weitergeben.

„Wir sind zäh“, sagt Margot Müller. Aber enttäuscht ist sie doch, zumal sie das Vergabeverfahren „wenig objektiv und fair“ findet – eine Kritik, die auch andere Initiativen äußern. Sie sieht durch die Mittelvergabe der bag die Unabhängigkeit der Beratungsstellen „ein Stück eingeschränkt.“

Das jetzige Beratungsangebot, fordert Müller, müsse erhalten bleiben, nicht nur das der Solidarischen Hilfe, sondern aller Initiativen, denn: „Der Bedarf ist da.“

Genau dasselbe sagt Martin Lühr von der Agab. Die Agab ist der Gewinner der bag-Vergabe: Zusätzlich zu den ohnehin gewährten Geldern aus demselben Topf, aus dem auch – noch – die Solidarische Hilfe finanziert wird, bekommt die Agab einen großen Teil der 312.000 Euro, die die Deputation für die ausgewählten drei Beratungsangebote bewilligt hat. Anders als die Solidarische Hilfe versucht die Agab ohne Beschäftigungsmaßnahmen hinzukommen. Vier Hauptamtliche leisten hier Beratungsarbeit. Mit dem Mehr an Geld, sagt Lühr, „wollen wir unser Angebot verbessern.“

Auch wenn sein Verein zu den Gewinnern zählt, konstatiert Lühr, „dass die Beratung stadtweit größere Bedeutung haben müsste.“ Wie sie derzeit behandelt werde, sei „ein bisschen sehr bitter.“

Die Solidarische Hilfe will sich indes nicht unterkriegen lassen. „Wenn’s überhaupt nicht mehr geht“, sagt Margot Müller, „nehmen wir uns einen Tapeziertisch und stellen uns vors Sozialamt.“ sgi