Schwänzern auf die Pelle rücken

Die neue Taskforce SCHWUPS aus Polizei, Justiz, Schule und Sozialarbeit will sich in Zukunft konzertiert um Schulverweigerer kümmern / Für Innensenator Kuno Böse ist Schwänzen ein Hinweis auf andere Auffälligkeiten

Eigentlich ein ganz schönes Wort. Schwänzen. Es kommt vom rotwelschen „swenzen“, was so viel heißt wie „über Land laufen“. Aber die Zeiten ändern sich. Aus Schwänzern wurden Schulverweigerer, und statt über Land gehen die Youngsters „nach Karstadt“ oder Kaufhof und probieren die neusten Computer-Spiele. Ein ernstes Problem, auf das Bremen „lange vor PISA“, so Bildungssenator Willi Lemke (SPD), angefangen habe, eine Antwort zu suchen.

Das Ergebnis präsentierten gestern gleich vier Behördenspitzen gemeinsam. Die Ressorts Bildung, Jugend und Soziales, Inneres sowie Justiz wollen an 14 Bremer Standorten so genannte SCHUPS-Teams – Schulvermeidungs-/Präventionsausschüsse – gründen. Zusammengesetzt aus je einem Sozialarbeiter, einem Kontaktpolizisten, einem Mitarbeiter des Schulpsychologischen Dienstes, einem Justizbeamten und einem Schulleiter der Region kümmert sich der Ausschuss um die besonders harten Fälle von Schulschwänzerei. Rund 2.000 Kinder und Jugendliche bleiben dem Unterricht auffällig häufig fern, schätzt Lemke, „und das ist eine unerträgliche Zahl“. Schulschwänzerkarrieren begännen schon in der Grundschule, weiß der Bildungssenator, und verstärkten sich in den folgenden Klassen, „getoppt wird das Problem in den Berufsschulen“.

„Wenn die Jugendlichen bei uns landen, dann ist es eigentlich schon zu spät“, so Bürgermeister Henning Scherf (SPD), der gestern in seiner Eigenschaft als Justizsenator seine Unterschrift unter das SCHUPS-Konzept setzte. Obwohl er verstehen könne, dass Lehrer froh seien, wenn bestimmte Schüler nicht mehr in ihrem Unterricht aufkreuzen, plädiert er für ein konsequentes Vorgehen: „Man darf Jugendlichen die Erfahrung von Grenzen nicht vorenthalten“, mahnt er. Und Kuno Böse, CDU-Innensenator nickt: „Normen verdeutlichen, heißt das bei uns“. Dazu gehört, dass Jugendliche neben der sozialpädagogischen Betreuung auch mehr polizeiliche Aufmerksamkeit bekommen. So sollen Beamte Jugendliche, die zur Schulzeit durch die Straßen und Läden bummeln, im Zweifelsfall nach Hause bringen und dem SCHUPS Meldung machen. „Was glauben Sie, was da für eine Nähe entsteht zwischen Eltern und Beamten, wenn die das gut machen“, wirbt Scherf. Für Kuno Böse ist Schule schwänzen „in der Regel ein Hinweis auf weitere Auffälligkeiten“. Studien aus Niedersachsen kommen immerhin zu dem Ergebnis, dass jugendliche Strafgefangene massiv geschwänzt hatten.

Für die ebenfalls an SCHUPS beteiligte Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) geht es bei dem Projekt darum, den „vielfältigen Ursachen“ der Verweigerung auf die Spur zu kommen. „Wir müssen uns um die Einzelfälle kümmern, seien es soziale oder auch medizinische Ursachen, wie bei magersüchtigen Mädchen, die zum Schuleschwänzen führen.“

Für dieses Kümmern erhalten Hauptschul-Klassenlehrer eine zusätzliche unterrichtsfreie Stunde. Da Lehrer die Eltern volljähriger Schüler über Fehlzeiten nicht informieren dürfen, plant Lemke außerdem „Kontrakte“, bei denen Schüler ihre Lehrer von dieser Art Schweigepflicht entbinden.

Bremen hat mit der „Methode SCHUPS“ den Mittelweg gewählt. Während manche Großstädte – dazu zählt auch Berlin – die schwänzenden Jugendlichen nicht bei den Eltern, sondern nur bei der Schule „verpetzen“, hat Niedersachsen in der vergangenen Woche ein Modell vorgestellt, bei dem schon am ersten unentschuldigten Fehltag die Familie benachrichtigt wird. hey