der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
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… hat keine Zukunft, nicht als Single.

Jetzt, da er sich verpartnern darf, muss auf jeden Topf ein Deckel. Meint die SPD. „Homosexualität allein macht auch nicht glücklich“, heißt es in einer Anzeigenkampagne der Partei zu den laufenden CSD-Paraden: „Zu zweit schon.“ Denn: „Es gibt nichts Schöneres, als einen Menschen zu finden, den man von ganzem Herzen liebt und mit dem man sein restliches Leben sicher und geregelt verbringen will.“ Da prasselt die ganze Hetero-Ideologie hernieder, „von ganzem Herzen“, „restliches Leben“, „sicher und geregelt“ – Schluss mit Promiskuität, heißt das, mit One-Night-Stands und jeglichem Hedonismus.

Dem setzt der Bundeskanzler höchstpersönlich in seinem CSD-Grußwort noch eins drauf: Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz der Bundesregierung haben – so der Chef – homosexuelle Paare die Möglichkeit, „ihre Partnerschaft rechtlich abzusichern und auf eine langfristig angelegte, verlässliche Arbeit zu stellen“.

Die Liebe ein Job also (den Schröder übrigens selbst nie erledigt hat), für den auch Schwule jetzt ranmüssen.

Unterstützt bei dieser Wahljahr-Ranschmeiße wird Bundeskanzler Schröder von hochkarätigen Politiker-Kollegen: „Eine tolle Party-Demo“ verspricht Claudia „Schwulen-Mutti“ Roth, und meint den CSD. „Eines der wichtigsten politischen Events“, pflichtet Jürgen Trittin bei, und Kerstin Müller rastet völlig aus: „Viel Spaß beim Move für mehr Rechte!“ Party! Event! Move! – Wo die Worte versagen, weil der Geist nichts weiß und meint, brabbelt es nur noch raus.

Dafür fehlen die rechten Worte, wo es wirklich wichtig wird. Wie bei der Rehabilitierung homosexueller Opfer der NS-Ideologie. Da beschließt der Bundestag im Mai (die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus und ist auch nicht zu erwarten) die Aufhebung „nationalsozialistischer Unrechtsurteile“ gegen Wehrmachtsdeserteure und Homosexuelle, und meint die zwischen 1935 und 1945 Verurteilten. „Späte Gerechtigkeit“, lobt Volker Beck, und: „Das sind wir den Opfern schuldig!“, sekundiert Herta Däubler-Gmelin. Diese Gerechtigkeit gilt aber nicht für die 40.000 homosexuellen Männer, die nach 1945 mit den gleichen Nazi-Gesetzen vor Gericht gestellt und verurteilt wurden. „Was im Nationalsozialismus Unrecht war, gilt in der Bundesrepublik weiterhin als Recht“, schreibt dazu die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung.

Doch das ist es nicht alleine. Ausgespart bleibt bei der Gesetzesergänzung die Frage der Entschädigung. Nichts wird darin geregelt, weder für den Einzelnen, von einer kollektiven Entschädigung ganz zu schweigen. Geld gibt es keins: „Den Betroffenen geht es nicht ums Geld. Sie wollen mit Anstand weiterleben können“, so der zynische Bescheid von Alfred Hartenbach von der SPD. Wie viele werden es noch sein, die „mit Anstand“ weiterleben können? Mehr als 50 Jahre danach. Zwei, drei, vielleicht fünf. So wenige es auch sein mögen, sie sollen „sicher und geregelt“ sterben, das verspricht der Bundeskanzler, sofern sie „verlässliche Arbeit“ leisten.