Müde im Juni

Aus der Massenmobilisierung gegen den FAO-Gipfel ist nichtviel geworden. Trotzdem neuer Schwung für Bewegung erhofft

ROM taz ■ Eine halbe Million Menschen werde die Bewegung in Rom zum FAO-Gipfel auf die Straße bringen – so hatte es letztes Jahr nach Genua geheißen. Viele hielten die Schätzung für realistisch, beginnend bei Ministerpräsident Berlusconi, der erst eine Auslagerung des Gipfels „nach Afrika“ vorschlug und dann die Verschiebung vom urspünglich geplanten Termin im November um ein halbes Jahr durchsetzte. Mit Erfolg: Gerade einmal 15.000 bis 20.000 Menschen fanden nach Rom, um am Samstag für „Tierra y dignidad“, für „Land und Würde“, zu demonstrieren.

Dabei war die Demo wenigstens nach einer Seite ein Erfolg: Es war gelungen, Teilnehmer aus der ganzen Welt – aus Thailand genauso wie aus Mexiko, aus Senegal genauso wie aus Indien – im Marsch für „Ernährungssouveränität“ zu vereinen. Zu Hause geblieben waren die Italiener, die für die Masse hätten sorgen sollen. Es fehlte der klare Gegner, meinte einer der Organisatoren. Schließlich sei nicht gegen die FAO, sondern für ihre Stärkung und eine Reform ihrer Politik demonstriert worden. Guido Lutrario, römischer Sprecher der Bewegung der „Ungehorsamen“, diagnostiziert dagegen Ermüdungserscheinungen: „Die Demos reichen nicht mehr, irgendwas funktioniert da nicht. Wir haben gegen die Schulreform demonstriert – und sie ist verabschiedet worden. Dann sind wir für die Immigranten auf die Straße gegangen – und das neue Gesetz ist trotzdem durch. Dann gegen den Krieg – und unsere Truppen sind in Afghanistan.“

Zwei Rezepte sollen der Bewegung wieder Schwung verleihen: einerseits intensivere politische Arbeit vor Ort statt der Fixierung auf Großereignisse und andererseits die Rückkehr zu ein bisschen mehr zivilem Ungehorsam. Für Mittwoch und Donnerstag haben Italiens Globalisierungskritiker jedenfalls „spektakuläre Aktionen im ganzen Land“ angekündigt. MICHAEL BRAUN