Zusammen einen Weg finden

Bilanz des Kinderschutzzentrums Hamburg: Zahl der Hilfesuchenden bleibt konstant. Dafür haben die Familien immer mehr Probleme gleichzeitig

Gewalt kommt selten allein. Immer mehr Familien, in denen Kinder körperlich oder psychisch misshandelt werden, sind auch sozial belastet. Diese Bilanz hat gestern das Kinderschutzzentrum Hamburg gezogen. Leiterin Cordula Stucke zählt die Risikofaktoren auf: Finanzielle Engpässe, Erwerbslosigkeit, beengte Wohnverhältnisse, soziale Isolation, Partnerschaftskonflikte, psychische und gesundheitliche Probleme. „In solchen Krisensituationen kommt es eher zu Gewaltanwendung gegen Kinder“, so die Psychologin. Die Eltern seien in diesem Fall oft überfordert, Konflikte friedlich auszutragen. Kostenlose Beratungen und therapeutische Begleitung finden sie im Kinderschutzzentrum.

Die „Lobby der Kinder“ betreute im vergangenen Jahr 190 Familien, die telefonische Beratung nahmen 621 Betroffene in Anspruch. Für jede Familie erarbeiten die PsychologInnen und SozialpädagogInnen ein eigenes Lösungskonzept: Einzel- und Gruppentherapie für Eltern und Kinder, Beratungen und Kurse sollen die Bewältigung von Krisen und die Verarbeitung von Gewalterlebnissen unterstützen. Dabei folgen die sieben MitarbeiterInnen dem Grundsatz „Hilfe statt Strafe“. Nur wenn das Wohl des Kindes „extrem gefährdet“ sei, werde das Jugendamt eingeschaltet; Anzeigen gebe es grundsätzlich nicht.

Die Anzahl der betreuten Familien bleibt in Hamburg seit 1998 etwa konstant. Verändert hat sich aber die Qualität der Fälle: Misshandlungen und Vernachlässigungen nehmen immer mehr an Gewicht zu, während sexueller Missbrauch abnimmt.

Fast drei Viertel der Hilfesuchenden sind Mütter; doch auf lange Sicht sieht das Kinderschutzzentrum nur eine Therapie der ganzen Familie als erfolgreich an. Um auch die Väter stärker einzubinden, gab es im vergangenen Jahr bereits ein Kurs-angebot für Elternpaare. Eine Fortsetzung ist für kommenden November geplant .

Die Kahlschlagpolitik von Schwarz-Schill macht jedoch auch vor dem Kinderschutzzentrum nicht Halt. Um zehn Prozent werden die staatlichen Zuschüsse gekürzt, so dass das Zentrum ab sofort seine Leistungen vor allem in der Beratung und Prävention einschränken muss.

HELENE BUBROWSKI

Telefonische Beratung werktags unter ☎ 491 00 07.