„Die Maut ist eine gute Sache“

Annette Volkens vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) zur vorläufigen Vergabe des Lkw-Abrechnungssystems

taz: Was denken Sie über die Vergabe des Auftrags für ein Maut-System an das Konsortium DaimlerChrysler/Deutsche Telekom?

Annette Volkens: Ich finde es erstaunlich, dass die Vergabe nicht noch einmal richtig neu ausgeschrieben worden ist. Man hat sich also für die Bewerber entschieden, die man vorher auch schon haben wollte. Es fragt sich auch, ob das Einfluss auf das Urteil haben wird, das vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf zur Ausschreibung noch läuft.

Was halten Sie von dem vorgeschlagenen Satelliten-System für die Lkw-Überwachung?

Wir fordern eine Maut auf allen Straßen, nicht nur auf Autobahnen. Mit diesem System besteht die Chance dafür. Auch ist es möglich, später weitere EU-Länder anzugleichen und so in das bestehende Mautsystem aufzunehmen.

Gibt es Alternativen?

Die Entscheidung für eine Lkw-Maut ist wunderbar. Die Abhängigkeit von Emissionsklassen ebenfalls. Für den VCD bedeutet die Maut einen Beginn. Nun geht es darum, wirklich auch auf Schweizer Verhältnisse zu kommen. Die Schweiz ist flächendeckend mit einer Mautregelung ausgestattet, und auch wir wollen eine Maut auf allen Straßen. Und wir wollen eine Maut für alle Lkws, nicht nur ab 12 Tonnen. Natürlich sind noch einige Fragen offen, wie beispielsweise der Belieferungsverkehr der Supermärkte, der hier rausfällt.

Wenn der Verkehr auf den Straßen durch eine Maut gemindert wird, muss das ja an anderer Stelle wieder aufgefangen werden. Wie sieht es hier mit dem Schienenverkehr aus?

Unser Statement ist ganz klar: Die Maut soll auch dem Ausbau der Schienennetze zugute kommen. Logisch ist, je mehr Verkehr über die Schiene läuft, desto mehr wird die Straße entlastet, vor allem bei weiten Strecken. Wichtig ist dieser Punkt auch hinsichtlich der EU-Osterweiterung. Durch diese wird der Transitverkehr von Ost nach West wesentlich ansteigen. Warum sollte man hier nicht auf die Schiene umsteigen? Sicherlich muss man dafür noch bestimmte Schienenstrecken ausbauen. Dass hier Mittel aus der Lkw-Maut hineinfließen, finden wir absolut logisch. Völlig unstrittig ist, dass das die Speditionen ganz anders sehen.

Egal, wer sich hier durchsetzt – die Maut soll aber erst mal kommen?

Am wichtigsten für uns ist natürlich, dass es zu einer Angleichung der Wettbewerbsverhältnisse von Straße und Schiene kommt. Dadurch kann eine positive Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene erreicht werden. Scheinbar wird wirklich erst darüber nachgedacht, ob man den richtigen Weg geht, wenn man den Preis zu spüren bekommt. Nun könnte man vielleicht auf die Idee kommen, dass es nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch günstiger für den Verbaucher ist, wenn man Güter nicht durch halb Europa karrt, solange man diese auch zu Hause produzieren kann. Der Straßenverkehr ist einfach zu billig. Da ist die Maut eine gute Sache. Denn die Infrastrukturkosten der Straße zahlt sonst der Steuerzahler.

INTERVIEW: KATHINKA LÜBBEHÜSEN