Ausnahmemanager auf Glatteis

Flexibel und zäh, wurde Mobilcom-Chef Schmid zum Vorzeigemanager – jetzt sägt der Hauptanteilseigner am Stuhl

Mit harten Rempeleien hat Mobilcom-Chef Gerhard Schmid als ehemaliger Eiskockeyprofi schon seit seiner Studentenzeit Erfahrung. Ob der Fünfzigjährige aber das neueste Tackling des größten Anteilseigners seiner Telekommunikationsfirma, der France Télécom, wegstecken kann, ist fraglich. Wegen angeblicher Vertragsverletzungen will der französische Konzern dem leidenschaftlichen Manager den Schläger bei der von ihm gegründeten Mobilcom aus der Hand nehmen. Die formelle Zusammenarbeit hat die France Télécom jedenfalls schon beendet. Bis zu einer Entscheidung über Schmid will sie Mobilcom aber „weiter mit Liquidität versorgen“, um eine Pleite zu verhindern.

Bei ihren Absetzversuchen können die Franzosen zumindest mit zäher Gegenwehr des hartnäckigen Charismatikers rechnen. Denn wie beim Eishockey ist der bisherige deutsche Vorzeigeunternehmer auch im Geschäft immer in die Offensive gegangen. Nach seinem Betriebswirtschaftsstudium arbeitete der gebürtige Oberfranke und Maurersohn in seiner Geburtsstadt Selb als Assistent des Vorstands der Porzellanmanufaktur Hutschenreuther. In den Norden kam er Mitte der Achtzigerjahre wegen eines Jobs als Tourismusdirektor im Ostseebad Damp. Von Sixt, wo er als Marketingvorstand in München arbeitete, trennte er sich im Streit. Mit der Abfindung finanzierte er bald darauf, 1991, die eigene Unternehmensgründung seiner Firma Mobilcom.

Schmid baute das Einmannunternehmen im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf mit heute 5.700 Mitarbeitern zum größten Konkurrenten der Telekom beim Angebot von Ferngesprächen auf. Er setzte anfänglich auf Kampfpreise und gewann Millionen von Kunden. Auch als Mobilcom schon längst teurer war als andere Anbieter, ging es mit dem Unternehmen noch aufwärts.

Als man in Deutschland 1997 das Wort „Neuer Markt“ zum ersten Mal hörte, war die Mobilcom-Aktie einer der ersten Werte, die für den neuen Begriff standen. Die Aktie schoss auf Höchstwerte um 200 Euro. Als jedoch 1999 die Übernahme des Konkurrenten Otelo scheiterte, stürzte die Aktie ab. Als Kapitalgeber holte Schmid im März 2000 den französischen Staatskonzern France Télécom mit ins Boot. Nahezu 4 Milliarden Dollar ließen sich die Franzosen ihren Einstieg in den größten Telekommarkt kosten. Weitere 8 Milliarden zahlten die Franzosen für eine UMTS-Lizenz.

Doch damit nicht genug. Schmid wollte noch mehr von seinem Partner. Der geschickte Verhandler rang den Franzosen Verträge ab, die sie verpflichten sollten, weitere 11 Milliarden in das Unternehmen Mobilcom zu investieren. Doch die Rechnung ging nicht auf. Wegen des Zwangs, selbst sparen zu müssen, drehte der Vorstandschef von France Télécom, Michel Bon, den Deutschen den Geldhahn zu.

Mit dem Niedergang des Neuen Markts geriet auch Schmids Unternehmen weiter unter Druck. Tiefpunkt für ihn ist heute der Versuch der France Télécom, ihn von seinem Chefposten zu verdrängen.

Auch wenn er seinen Titel als Vorzeigemanager verlieren sollte, eine Abfindung von mehr als 570 Millionen Euro bleibt ihm. Viel Geld für einen Lebensabend auf Hawaii, aber auch für einen Neuanfang. Man darf gespannt sein, wofür sich Schmid entscheidet. MARTIN WÜNDERLICH