Mehr Einfluss für wenige Große

Wenige, immer mächtigere Unternehmen haben die deutschen Energieverbraucher im Griff. Auch im europäischen Rahmen nimmt die Konzentration nicht ab, sondern zu. Öko-Institut liefert Argumente gegen geplante Fusion von Eon und Ruhrgas

von HANNES KOCH

Das Öko-Institut warnt davor, dass wenige große Konzerne den europäischen Energiemarkt zunehmend beherrschen. „Der kritische Grad der Konzentration wird überschritten, wenn die deutschen Unternehmen Eon und Ruhrgas fusionieren“, sagte Energieexperte Felix Matthes gestern in Berlin. Zusammen mit der grünen Bundestagsabgeordneten Michaele Hustedt stellte er das Gutachten „Konzentration der Energieerzeugung in Europa 1996 bis 2000“ vor.

Bis Anfang Juli wird das Bundeswirtschaftsministerium entscheiden, ob Eon und Ruhrgas zu einem Konzern verschmelzen dürfen. Fusioniert würden die beiden zum zweitgrößten Stromproduzenten und Gaslieferanten in Europa aufsteigen. Viele Konkurrenzbetriebe, die Verbraucherzentralen und die Grünen lehnen das Vorhaben ab. Auch das Bundekartellamt und die Monopolkommission der Bundesregierung haben sich dagegen ausgessprochen.

Das Gutachten des Öko-Instituts liefert nun weitere Argumente. Demnach nimmt die Zentralisierung der deutschen Energieerzeugung im Zuge der Marktliberalisierung zu. Während 1996 die fünf größten Konzerne 50 Prozent der Stromproduktion beherrschten, waren es im Jahr 2000 bereits 70 Prozent. Die Zahl der unabhängigen Unternehmen hat sich wesentlich reduziert. Große Teile des deutschen Strommarktes sind mittlerweile in der Hand von vier Konzernen: Eon, RWE, EnBW und neuerdings Vattenfall Europe.

Auch in anderen Staaten Europas hat die Liberalisierung nicht viel gebracht. Dort haben sich die alten Oligopole zwar nicht verstärkt, aber auch nicht verringert. Das ist der Fall in Frankreich und auf der Iberischen Halbinsel. Einzig in Großbritannien sorgte eine dort eingerichtete Regulierungsbehörde dafür, dass es heute mit 33 mehr relevante Energieversorger gibt als früher. 1990 waren es nur 6. In Deutschland gibt es keine solche Behörde.

Die geplante Fusion zwischen Eon und Ruhrgas würde die Machtballung in Europa beschleunigen. Für Matthes ist sie der Sündenfall: „Danach gibt es keine Handhabe gegen andere Megafusionen.“ Derartige Konzentrationen von Markmacht haben negative Auswirkungen für die Verbraucher. Ihnen können die Oligopolisten die Preise diktieren. In Zukunft, so die Befürchtung, werden die Energiepreise wieder steigen. Die politischen Folgerungen der Grünen sehen so aus: Einerseits dürfe Bundeswirtschaftsminister Werner Müller die Fusion von Eon und Ruhrgas nicht genehmigen. Andererseits müsse man eine Regulierungsbehörde ins Leben rufen, die über die Freiheit des Marktes wache.

Währenddessen scheinen die Stadtwerke München und mehrere andere kommunale Energieversorger die Eon-Erdgas-Tochter Thüga übernehmen zu wollen. Das ließ gestern Gerhard Widder, Präsident des Verbandes Kommunaler Unternehmen, durchblicken. Wenn die Stadtwerke auf diese Art ihre Marktmacht steigern können, verzichten sie möglicherweise auf eine juristische Klage gegen die Eon-Ruhrgas-Fusion.

www.Bundeskartellamt.de/fusion2002.htm B8 – 109/01