UrDrüs wahre Kolumne
: Nabel der Fußballwelt!

Bode jawoll

Nein, nicht das großmäulige Bayernpack hat der DFB-Auswahl den Sprung ins Achtelfinale erkämpft: Erst ein Schuss des Bremers Marco Bode brachte die „Löwen von Kamerun“ zu Fall. Und das souveräne Kalkül des in Bremen zum Fußballgott gereiften und hier sogar mehrfach zu Ostermarsch- und anderen Friedenskundgebungen aufrufenden Rudi Völler war es, das den Erfolg ermöglichte! Dazu am Ende noch das Können von Miroslav Klose, dessen gebenedeite Eltern ohne die jahrzehntelangen Bemühungen Bremens um ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zu Polen kaum jemals den Weg nach Germany gefunden hätten: Darf man diese Stadt in diesen Tagen nicht mit Fug und Recht als Nabel der wunderbaren Fußballwelt betrachten? Mein Lokalpatriotismus jedenfalls hat in diesen Stunden Bestätigung, Erhöhung und Veredelung zugleich gefunden – da müssen wir uns außerhalb nicht länger der Schildbürgerstreiche wie Space Park, CieCieBie und Mjusicäl schämen und können selbst die Häme über die uneinsehbare Sprintstrecke im Weser-Stadion gelassen ertragen. Zumal da ja unsere wackeren Bauarbeiter im Streik noch den schlimmsten Unfug ausbremsen können! „Solang der Arsch noch in den Grobcord passt/wird der Quatsch nicht angefasst...“

Zukunftweisend auch das Signal, mit Post-Wirt Fritz Rößler einen gediegenen Bremer Kneipier von bester Getränksmann-Tradition zum neuen Ratskeller-Gastronomen zu machen, statt diesen Acker weiter von irgendwelchen Filialisten mit Marketing-Visionen zerfurchen zu lassen. Mit dem wohltuend bodenständigen Rößler wird nach langen Jahren existenziell bedrohender Prinzipienreiterei endlich Bier in den Gewölben fließen, in friedlicher Koexistenz mit Wein und gern auch Buttermilch und Wasser. Trotzig aufmuckende Kellermeister von Steuerzahlers Gnaden sollte man mal daran erinnern, dass der Gast auch in der hanseatischen Stadtrepublik König und nicht Domestizierungs-Opfer von Geschmacksdiktatoren zu sein hat!

Und ist da kein Grund zum Meckern weit und breit? Fast keiner, sieht man mal davon ab, dass das Justizressort die Reformen im bremischen Strafvollzug über den Knastneubau im Blockland liquidieren will – ganz so, als ob nicht einige der jetzt Regierenden durchaus damit rechnen müssen, wegen irgendwelcher hanseatischer Trienekens & sonstiger Zech-Kumpane irgendwann selber einzusitzen.

In einem Last Minute-Reisebüro in der City will ein nicht sonderlich attraktiver Mann im frühen Mittelalter wissen, ob es die Teneriffa-Reise mit Abflugtermin übermorgen für knapp 400 Euro mit Halbpension im Doppelzimmer für eine Woche auch für Alleinreisende gebe. Das schon, erfährt er, aber nur mit hundertfünfzig Euro Aufschlag. Zielsicher fragt er nunmehr eine ihm offenbar völlig unbekannte, zugleich aber ganz ganz Hübsche, die noch unschlüssig in der Angebotsmappe blättert, ob sie nicht vielleicht auch übermorgen starten wolle, „kommt uns doch dann beide günstig!“ Und nunmehr zeigt sich, dass dem Mutigen das Glück gehört: „Warum nicht...“ murmelt die kaugummimalmende Schönheit und beide buchen auf der Stelle und gemeinsam. Wer würde es schon wagen, einen Roman mit einer solchen Szene beginnen zu lassen? Jedenfalls: Toi, toi, toi!

Ziemlich geil und mindestens ebenso mutig finde ich die Absicht der staatstragenden Parteien, für ihren groben Unfug auch bei Radio Bremen wieder mit Rundfunk- und Fernsehspots zu werben. Ich bitte herzlichst darum, daraus mindestens dreißigminütige Werbeblocks zu entwickeln. Mit Perschau zum Beispiel im Duett mit Henning Scherf als dem einzigen alkoholfreien Shantysänger der Welt beim Zungenkuss des Nordens, gefolgt von drei Minuten Poetry Slam mit Bürgermeisterschaftsbewerber Propper. Jens Eckhoff speit Hamburger als Reklamemännchen für McDrive, während die Grünen reizarme Ausflugstipps ins Hollerland propagieren und die FDP ihre Werbezeit untervermietet an die Tabubrecher mit den farbigen Slipeinlagen: Gebt es uns! In Farbe und Stereo, damit wir erkennen, dass nicht nur die Mainzelmännchen richtig knuffige Kerle sind. Und lasst die Spots beim Offenen Kanal von fröhlichen Nachwuchskünstlern mit Cassettenrecorder und Handkamera produzieren, von wegen Zukunft für den Medienstandort Bremen: Darauf freut sich heute schon

Ulrich
„Teletubby“ Reineking