big in korea
: FRANK KETTERER blickt ein Stück voraus

Hat da jemand gelacht?

Nach dem Spiel soll ja vor dem Spiel sein, und deshalb geht jetzt auch in Seogwipo, wo die deutsche Mannschaft im Hotel Paradise ihr neues Quartier bezogen hat, alles seinen gewohnten Gang, fast könnte man sagen: Trott. 10.30 Uhr Training, 12 Uhr Pressekonferenz, 17 Uhr wieder Training, natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dazwischen ein bisschen Playstation spielen oder wahlweise Golf. Marko Bode soll sogar ein Buch mit nach Asien genommen haben, na ja, er war ja schon immer etwas anders. Aber das ist auch egal, was zählt, ist nur, dass die Tage auf Cheju Island vergehen wie im Fluge und, ruckzuck, Samstag da ist und damit das Achtelfinale – und Paraguay.

Hat da jemand gelacht? Über Paraguay etwa? Dann aufgemerkt jetzt mal, lachen über Paraguay ist nämlich verboten. Weil: „Paraguay ist eine sehr gut organisierte Mannschaft.“ Sagt jedenfalls Michael Skibbe, der Bundestrainer. Außerdem sei Paraguay kampf- und laufstark, was man im letzten Gruppenspiel gesehen habe. Da, gegen Slowenien, hatte Paraguay nämlich schon früh einen Mann wegen gelb-roter Karte verloren, das Spiel aber dennoch mit 3:1 gewonnen, was aufs Torverhältnis genau reichte, um weiterzukommen, auch wenn der Treffer doch recht spät fiel, erst sechs Minuten vor Schluss nämlich. Paraguay war also schon ausgeschieden, ein bisschen zumindest, und hat sich doch wieder zurückgekämpft ins Turnier und eben ins Achtelfinale gegen Deutschland, und bestimmt setzt das Wissen um solche Kräfte noch weitere frei für den Samstag. Außerdem spielt Roque Luis Santa Cruz bei Paraguay, der Bayern-Spieler, und das, so Skibbe, ist nun wirklich ein ganz „kopfballstarker und schneller“ junger Mann, „auf den man sicherlich ein Auge werfen“ müsse. Und sonst? Sonst haben die Paraguayer einen ziemlich verrückten Torwart und eine Nummer 23, die Michael Skibbe als besonders gefährlich aufgefallen ist, wahrscheinlich weil sie am Mittwoch gegen die Slowenen zwei Tore geschossen hat. Der Torwart heißt José Luis Chilavert, die Nummer 23 Nelson Cuevas.

Andererseits: Man ertappt sich ja schon dabei, nämlich beim Denken, dass Torwart und Nummer 23, dass also ganz Paraguay schlagbar sein könnte, selbst für die deutsche Mannschaft. Und dann? Dann ist alles möglich, so jedenfalls lautet die offizielle Sprachregelung bei so einer WM. Und den Beweis dafür bietet, wenn auch in negativem Sinne, der Weltmeister für noch 17 Tage. Oder hätte wirklich jemand gedacht, dass Frankreich hier nach der Vorrunde rausfliegt, ebenso sieg- wie torlos. Oder Argentinien? War Argentinien nicht von allen Experten zum Favoriten „hochsterilisiert“ worden? Und jetzt? Jetzt sah man die stolzen Argentinier weinen, große, bittere Tränen. Es war ein jammervolles Bild, das aber immerhin bewiesen hat: Im Prinzip kann hier jeder wirklich jeden schlagen, so sehr wie noch bei keiner WM zuvor.

Ein eindeutiger Favorit auf den Weltmeistertitel ist, nachdem gerade die Vorrunde zu Ende gegangen ist, jedenfalls nicht mehr auszumachen. Portugal? Hat gegen die USA verloren und fliegt heute gegen Südkorea raus. Italien? Ist ja sogar gegen die alternden Kroaten gestolpert. Spanien? Trickst sich nach drei Vorrundensiegen bestimmt wieder selbst aus dem Turnier. Brasilien? Okay, Brasilien könnte gehen, aber sicher weiß man es eben auch nicht. Frankreich und Argentinien haben sich wie erwähnt erledigt. Und Kamerun war nichts als eine große Seifenblase. Aber dann: Wer macht’s?

Mal so gesagt: Paraguay ist schlagbar, trotz aller Warnungen von Herrn Skibbe. Danach käme der Gruppenerste von G, also Mexiko, oder der Zweite aus D, sagen wir mal die USA, im Viertelfinale, was mit ein paar deutschen Tugenden allemal aus dem Weg zu räumen sein müsste, den USA hat man ja kürzlich erst in Rostock gezeigt, wo der Hammer hängt. Und im Halbfinale könnte dann erneut Irland Gegner sein, das zwar wacker kämpfen kann, aber im Prinzip, lässt man die zwei Minuten aus der Nachspielzeit mal beiseite, in der Vorrunde doch eher verloren hat gegen die Unsrigen. Und schwupps, schon steht man am 30. Juni in Yokohama und somit im Finale. Was da erst möglich ist? Warten Sie nur mal ab!