performance des tages: giovanni trapattoni, italienisches murmeltier
:

Giovanni Trapattoni war voll in seinem Element in den letzten Tagen. „Ich habe meine Murmeln noch alle beisammen“, herrschte der Coach die italienischen Journalisten nach dem 1:2 gegen Kroatien an. „Ich bin seit 25 Jahren Trainer und gebe nicht viel auf Leute, die meinen, ich sollte gehen“, verriet er der Schar vor ihm sitzender Leute, die mehr oder weniger explizit meinten, er sollte gehen. „Glaubt ihr etwa, ich habe nicht alle Optionen bedacht“, knurrte er schließlich bissig wie eh und je. Genau das glaubten die Medienvertreter aus der Heimat, von denen sich jeder Einzelne ohnehin für den am besten geeigneten Nationaltrainer hält, den man unverständlicherweise bloß nicht ans Ruder lässt. Sie warfen dem traditionell vorsichtigen Coach weniger vor, dass er nach der 1:0-Führung mit seinem Kommando zur Defensive die Kroaten ins Spiel brachte, sondern besonders, dass er in Japan plötzlich nur mit einer einzigen Spitze, Christian Vieri nämlich, spielen ließ, obwohl doch das Team zuvor so wunderbar leicht durch die Qualifikation spaziert war – mit zwei Spitzen und Francesco Totti als Ballverteiler dahinter.

Sorgsam und geduldig zählte Trapattoni alle Gründe auf, die für seine neue Variante sprachen. „Man gewinnt nicht, nur weil man einen Stürmer mehr hat.“ – „Frankreich spielte mit drei Spitzen und hat verloren.“ – „Es ist der Geist, der zählt.“ Und knickte dann doch ein und ließ gestern zwei Spitzen, Vieri und Filippo Inzaghi, auflaufen.

Natürlich kam alles, wie von Signore Trapattoni vorhergesehen. Der Trugschluss, das alles gut würde, wenn jemand wie Inzaghi oder später Montella, auf dem Platz stünde, erwies sich gegen Mexiko schnell als solcher. Die Italiener entwickelten eher weniger Druck nach vorn als beim Auftaktsieg über Ecuador oder phasenweise gegen Kroatien. Chancen hatten sie dennoch einige, außerdem stellten sie erneut ihre besondere Befähigung zu Abseitstoren unter Beweis, diesmal sogar regulär irreguläre.

Ein Stein dürfte Giovanni Trapattoni vom Herzen gefallen sein, als sich herausstellte, dass Abwehrchef Alessandro Nesta wieder mitwirken konnte, nach dessen Abgang gegen Kroatien ein munteres Chaos in der Defensive ausgebrochen war. Auch er konnte jedoch nicht verhindern, dass Mexikos Borgetti den Azzurri erstmal eine Lektion im Ausnutzen von Torchancen erteilte. Gefallen fand Trapattoni im weiteren Verlauf der Partie vermutlich nur an den Nachrichten aus Yokohama, wo Kroatien gegen Ecuador zurücklag, was seinem Team sogar eine knappe Niederlage gestattete. Die Erlösung für Trapattoni kam dann auf die unwahrscheinlichste Weise: ein Kopfballtor des kleinen, für Totti kurz zuvor eingewechselten Del Piero. Das hatte selbst der Maestro nicht vorausahnen könne. Zugute halten wird er es sich natürlich trotzdem. MATTI