Kölner Mediendschungel

Ein Rundgang mit Machete: Das 13. Medienforum NRW verspricht wieder viel Programm und eine Menge Diskussionsstoff. Aber keine Stars. Und lockt weniger Besucher als im Vorjahr an den Rhein

von SEBASTIAN SEDLMAYR

Krieg und Gewalt beherrschen das diesjährige Medienforum NRW und seine Begleitveranstaltungen: explizit in Filmen und Diskussionsrunden über „Bedingungen der Kriegsberichterstattung“ oder die „Achtung und Ächtung von Gewalt – Positionen nach der Bluttat von Erfurt“, implizit bei den Schlachten, die in Medienpolitik und -wirtschaft spätestens seit dem Zusammenbruch der KirchGruppe ausgetragen werden.

So bringen zum 13. Medienforum NRW in Köln, das am Mittwoch offiziell beginnt, Unternehmer, Medienschaffende und Politiker je nach Möglichkeit ihre Brieftaschen, scharfen Krallen oder spitzen Zungen mit. Die einen wollen etwas vom Kirch-Kuchen, die anderen wollen, dass die Steuereinnahmen aus der Medienbranche in den eigenen Haushalt fließen. Dem Zuschauer bleibt nur die virtuelle Machete, um sich durch den dichten Mediendschungel zu schlagen, der eine Woche lang die Rheinmetropole Köln überwuchert.

Hieb eins: Was läuft ab? Sechs Veranstaltungen gibt es im Rahmen des Medienforums. Gestern hat die internationale Fernsehschau Cologne Conference begonnen, bei der bis zum Freitag die Highlights der Fernsehprogramme aus aller Welt vorgestellt werden. Am Dienstag starten dann die Cologne Screenings, wo sich Produzenten und Programmdirektoren treffen, um bereits ausgestrahlte Sendungen für den deutschen Fernsehmarkt einzukaufen.

Am Mittwoch eröffnet NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement das eigentliche Medienforum NRW unter dem Motto „Face the Future of Communication“. Von Donnerstag bis Samstag folgt der Internationale Filmkongress, ausgerichtet von der Filmstiftung NRW, die bei Filmen wie „Amélie“ im letzten Jahr ein glückliches Händchen bei der Vergabe ihrer Fördermittel bewiesen hat.

Hieb zwei: Wer macht sich die ganze Mühe? Nach dem offiziellen Ausscheiden Lutz Hachmeisters als geschäftsführender Programmdirektor der Cologne Conference übernahmen zunächst seine beiden Kolleginnen Petra Müller als geschäftsführende Direktorin und Martina Richter als Programmdirektorin das Steuer. Doch Hachmeister kann es nicht lassen und ist wegen seiner guten Kontakte wohl auch unverzichtbar: Er mischt – offiziell als Berater – wieder kräftig mit. Ob es an der Führung liegt, die sich erst einspielen muss oder an der schwierigen Marktlage: Die Cologne Screenings verzeichnen mit 700 angemeldeten Teilnehmern bislang nur etwas mehr als die Hälfte der 1.300 Besucher, die sich im Vorjahr locken ließen.

Kritik gab es im Vorfeld an der NRW Medien GmbH, die von der Landesregierung 2001 zur Förderung und Entwicklung der Märkte Telekommunikation, Informationstechnologien, Medien, Entertainment und IT-Sicherheit sowie der Medienqualifikation in NRW gegründet wurde und nun auch das Medienforum organisiert. Nach Ansicht einiger Oppositionspolitiker im NRW-Landtag verschlingt die Medien GmbH zu viel Geld – und zwar wegen des hohen Jahreseinkommens ihres Geschäftsführers Helmut G. Bauer, ehemals Leiter von Radio NRW. Dabei musste Ministerpräsident Clement, der ursprünglich rund 125 Millionen Euro für die Medien GmbH veranschlagt hatte, schon wesentlich kleinere Brötchen backen: 8 Millionen Euro sind am Ende nur rausgesprungen.

Daraus folgt Hieb drei: das liebe Geld. Über die Kosten für das Medienspektakel spricht man nicht, da sich die Sponsoren nicht in die Karten gucken lassen wollen. Doch dass bei Themen wie „Neue Struktur des Deutschen Fernsehmarktes“, „Zukunft des Kabels“ oder „Fernsehen kostet Geld – Perspektiven nach der Schieflage der KirchGruppe“ Milliarden im Spiel sind, versteht sich von selbst. Die ausbleibenden Anzeigenerlöse im TV-, Radio- und Printgewerbe werden allerdings einigen den Geschmack am Zocken verdorben haben.

Hieb vier: Was fehlt bei so viel Programm? Erstens fehlen wie immer die internationalen Stars. Im Gegensatz zu Cannes oder Venedig mangelt es dem Medienforum NRW und der Cologne Conference an Publikumsmagneten. Und wenn schon zum Thema „Mehr Glamour! – Mehr Inhalte! Selbstbewusstsein deutscher Film“ diskutiert wird, fragt sich, ob hier Glamour am Reißbrett generiert werden soll.

Hieb fünf: Was noch fehlt, sind Programme aus Asien, Afrika, Lateinamerika. Das ist verständlich im Bereich der Fiktion, die oft überdreht oder dem deutschen Fernsehkonsumenten unverständlich ist. Allerdings hätte man sich als Begleitprogramm zur Diskussion über „Bedingungen der Kriegsberichterstattung“ doch eine Dokumentation des Nachrichtensenders al-Dschasira im Programm der Cologne Conference erhofft. Nun wird Abdulasis Almahmoud, der Chefredakteuer des arabischen Senders, als Referent erwartet. Vielleicht entschädigt er ja für den Mangel an Bildern.

Nach 97 Veranstaltungen in drei Tagen allein auf dem Medienforum sind die Sinne der Programmmacher hoffentlich gut genug geschärft, um sich eine Scheibe von den angebotenen teils hochkarätigen Produktionen abzuschneiden, die leider viel zu selten den Weg ins deutsche Fernsehen finden.