meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Früher, als ich noch auf Linksaußen spielte, da war das Verurteilen, Verfluchen und Verwünschen der bundesdeutschen Fußballnationalmannschaft gang und gäbe und Usus. Keine Flanke, die nicht als aggressiver, raumgreifender, im Endeffekt also imperialistischer Akt zu verurteilen gewesen wäre und dann auch lauthals verurteilt wurde. Das ist vorbei, passé, finito. Statt dessen versammeln sich die Menschen vor Leinwänden auf Straßen, Plätzen und Boulevards – um wen anzufeuern? Eine Nation, die sich gewaschen, geschrubbt und gepudert hat. Nur bei interkulturellen Veranstaltungen, Großereignissen und „Events“ wie der Fußball-WM haben wir Gelegenheit, das pikante Prinzip „Weltkrieg“ auf denkbar harmloser Ebene durchzuspielen, durchzuexerzieren und durchzudeklinieren. Dreimal D für Deutschland! Wie befreiend es sein kann, Deutschland mal nicht zu kritisieren, sondern es anzubellen! Deutschland! Ahh, wie gut das tut! Macht alle mit! Deutschland! DEUTSCHLAND!

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge