Alles zum Guten gewendet

Torwart Iker Casillas ist mit drei parierten Strafstößen Spaniens Matchwinner im dramatischen Achtelfinale gegen Irland, das erst im Elfmeterschießen entschieden wird

SUWON taz ■ Das Leben hat Iker Casillas in den letzten Monaten auf eine Achterbahnfahrt geschickt, bei der normalen Menschen auf ewig schwindelig würde. Gestern hat der 20-jährige Torwart seinem Land Spanien ins Viertelfinale der Weltmeisterschaft verholfen: Gegen Irland hielt er drei Strafstöße, einen im Spiel und zwei im Elfmeterschießen. Anschließend stand er beim Interview, als wäre er gerade aus der Siesta aufgewacht: „Das mit den Elfmetern ist eine Lotterie“, sagte er cool, „an einem anderen Tag halte ich vermutlich keinen.“ Die Fans in Spanien werden ihm das nicht abnehmen, sie haben ihren Helden.

Der ist einen weiten Weg gekommen, viel weiter als die 9.000 Kilometer, die Spanien von Korea trennen. Eigentlich dachte Casillas lange gar nicht, dass er dabei sein würde, saß er doch bei Real Madrid monatelang auf der Bank. Bis zum letzten Spiel der Saison, dem Champions-League-Finale Mitte Mai in Glasgow gegen Bayer Leverkusen. Stammkeeper César verletzte sich in diesem Endspiel, und Casillas rettete mit drei großartigen Paraden den Sieg. Zwei Tage später verletzte sich auch noch der Stammtorwart der Nationalmannschaft, Valencias Santiago Canizares: Ihm fiel eine Parfümflasche unglücklich auf den Fuß. Casillas war plötzlich wieder die Nummer 1 in der Auswahl. Innerhalb von 48 Stunden hatte sich alles zum Guten gewendet für den jungen Madrilenen, der jetzt Spaniens Sieg gegen Irland festgehalten hat. 3:2 endete das Elfmeterschießen nach einem 1:1 in der regulären Spielzeit.

Irland ist ausgeschieden, doch Trainer Mick McCarthy lächelte: „Wir hatten eine wunderbare WM. Ich bin stolz auf meine Jungs.“ Schon in der Qualifikationsgruppe mit Holland und Portugal gaben ihnen wenige Chancen, genauso wie in der Gruppe mit Deutschland und Kamerun, zumal Anführer Roy Keane nach einem Streit rausgeflogen war. Wieder war es Robbie „der bessere“ Keane gewesen, der die Iren gestern am Leben hielt. Wie schon gegen Deutschland erzielte der 21-Jährige Sekunden vor dem Schlusspfiff den 1:1-Ausgleich, diesmal per Elfmeter. Die Hymne „You’ll never walk alone“ aus den grünen Blöcken hinter den beiden Toren trug die Mannschaft in die Verlängerung, die keine Tore brachte.

Morientes hatte die Spanier früh in Führung gebracht, anschließend ließen sie den Ball laufen, zeitweise arrogant. Die Iren schienen überfordert. Doch als sie, zum zweiten Durchgang sprintend, Richtung Rasen strebten, war klar, dass sie sich längst nicht geschlagen gaben. Unaufhörlich drängten sie zum Tor von Casillas, meist mit hohen Bällen, ihrem Stilmittel schlechthin. Mit Erfolg. Als Hierro dem Iren Quinn fast das Trikot auszog, um ihn vom Kopfball abzuhalten, und Schiedsrichter Frisk auf Strafstoß entschied, behielt Keane die Nerven, wie dann auch im Elfmeterschießen. Doch es reichte nicht. Die WM wird die Iren und ihre lautstarke Reisegruppe vermissen. RALF ITZEL

Spanien: Casillas - Puyol, Hierro, Helguera, Juanfrán - Enrique, Baraja, Valerón, de Pedro (66. Mendieta) - Raúl (80. Luque), Morientes (71. Albelda) Irland: Given - Kelly (55. Quinn), Breen, Staunton (50. Cunningham), Harte (82. Connolly) - Finnan, Holland, Kinsella, Kilbane - Duff, Robbie Keane Tore: 1:0 Morientes (8.), 1:1 Robbie Keane (90./Foulelfmeter)