DIE KOMMUNISTEN GEWINNEN IN TSCHECHIEN MIT ANTI-EU-RESSENTIMENTS
: Sieg des Linkspopulismus

Der Siegszug der rechten und rechtspopulistischen Parteien Europas ist zumindest in Tschechien gestoppt worden. Gesiegt haben stattdessen die Linkspopulisten: Um 70 Prozent hat die KSČM zugelegt, die einzige kommunistische Partei Osteuropas, die sich seit der politischen Wende 1989 nicht reformiert hat. Sie ist die einzige Gewinnerin dieser Wahl, alle anderen Parteien, auch die Sozialdemokraten, haben Stimmen verloren.

Ausschlaggebend für den Erfolg der Kommunisten waren drei Gründe. Viele linke Wähler waren nach vier Jahren sozialdemokratischer Regierung enttäuscht, dass auch diese den marktwirtschaftlichen Kurs fortsetzte und den Privatisierungprozess sogar intensivierte. Gerade in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit kamen die Forderungen der Kommunisten nach „Recht auf Arbeit“, billigen Wohnungen und einem mit Staatsgeldern unterstützten Gesundheitswesen an. Zweiter Grund für die Gewinne der KSČM war das Machtkartell, das die beiden größten Parteien, Sozialdemokraten und konservative Bürgerpartei, in den letzten vier Jahren gebildet hatten: Entgegen sozialdemokratischen Versprechungen nahm die Korruption daher sogar noch zu.

Der wichtigste Grund war jedoch die heftige Debatte über die Beneš-Dekrete. Zwar versuchten auch die beiden großen Parteien mit nationalistischen Tönen Stimmen zu gewinnen, doch entschieden sich viele Tschechen hier lieber für das Original. Schließlich setzten die Kommunisten schon immer auf antideutsche Ressentiments.

Die Parallelen zwischen den Erfolgen der europäischen Rechtspopulisten und den Linkspopulisten in Tschechien sind somit offensichtlich: Im Wahlkampf wurden die wirklichen Probleme des Landes kaum oder gar nicht thematisiert. Und die Wahlbeteiligung war äußerst gering: Nur 58 Prozent der Tschechen wählten.

Nur: Warum profitierte von dieser Situation nicht der Rechtspopulist Václav Klaus? Weil er das Erfolgsrezept von Haider & Co. – nationalistische Rhetorik verbunden mit sozialen Versprechungen – nur halb umsetzte. Die Wahlen in Tschechien haben gezeigt: Eine Politik gegen die EU und Neoliberalismus passen nicht zusammen. SABINE HERRE