Mamma-Screening
: Neue Vorwürfe im Streit um das Modellprojekt

Machtspielchen

Im Streit um das Bremer Modellprojekt zur Früherkennung von Brustkrebs gehen die Schläge jetzt unter die Gürtellinie. Das Institut für Prävention und Sozialmedizin (BIPS), das vor zwei Wochen aus dem Modellprojekt ausgestiegen ist, habe lediglich „Geld aus dem Projekt für fragwürdige Studien“ ziehen wollen. Das wirft der Leiter des Screening-Projektes am St.-Jürgen-Krankenhaus, Hans Junkermann, dem BIPS vor.

In einer Pressemitteilung heißt es, das Screening-Zentrum in Bremen habe es in nur zwei Jahren geschafft, von den Frauen akzeptiert zu werden und einen Europa-weiten Ruf zu erlangen. Das Projekt sei „eine Hoffnung für die Menschen, die ein qualitätsgesichertes Gesundheitswesen wünschen“, schreibt Junkermann nicht ohne Pathos. Das Bremer Screening-Zentrum hätte von den 350 Frauen, die es im letzten Monat untersucht habe und gleichzeitig um eine schriftliche Benotung gebeten hätte, beste Beurteilungen bekommen.

Allerdings bezog sich die Kritik des BIPS an dem Modellprojekt nie auf mangelnde Qualität des Screenings, sondern auf die – aus Sicht des BIPS und Teilen des Projekt-Beirates – mangelhafte wissenschaftliche Begleitung. Alle Vorschläge des BIPS zur Dokumentation und Evaluation seien von der Kölner Projektleitung blockiert worden, sagte der Leiter des Institutes, Eberhard Greiser.

Die Bremer Grünen reagierten gestern auf die Vorwürfe Junkermanns an das BIPS. Ziel des Projektes sei es immer gewesen, die Brustkrebssterblichkeit durch die Reihenuntersuchung zu senken. Wenn dieses Ziel nicht überprüft würde, sei das Projekt sinnlos. „Offenbar geht es Herrn Junkermann eher um ein Machtspielchen als um einen nachvollziehbaren Nutzen des Screenings“, schreibt die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Doris Hoch. Dieser Machtkampf werde auf dem Rücken der Frauen ausgetragen.

Bremen ist eine von drei Modellregionen, in denen die Frauen zwischen 50 und 69 Jahren zur Reihenuntersuchung eingeladen werden. Mittlerweile gilt als nahezu sicher, dass die rot-grüne Bundesregierung das Screening flächendeckend einführen will. Die Vermutung, dass die Kölner Planungsstelle, die die Modellversuche koordiniert, an einer genauen Auswertung des Screenings gar nicht mehr interessiert sei, wird seitdem von verschiedenen Seiten geäußert. Da aber mit der Röntgenuntersuchung auch Risiken verbunden sind, plädieren Forschungsinstitute wie das BIPS für eine genaue Auswertung und Prüfung der Modellversuche, bevor in der ganzen Republik gescreent wird.

Ein Aspekt am Rande ist, dass das Land Bremen daran interessiert ist, bei einer bundesweiten Einführung der Röntgenuntersuchung ein Referenzzentrum ‚abzukriegen‘, in dem zentral Daten ausgewertet werden oder Personal geschult wird. „Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales beobachtet die weitere Entwicklung des Screenings sehr genau unter dem Gesichtspunkt, ob sich daraus für den Bremer Standort dauerhafte Perspektive ergeben können“, heißt es in einer Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage der Grünen. Und obwohl sich die senatorische Behörde mehrfach an die Kölner Planungsstelle gewandt hat mit der dringenden Bitte, eine epidemiologische Untersuchung des Modellprojektes vorzunehmen, bedauert sie nun zwar das Ausscheiden des BIPS, steht aber, so eine Sprecherin, nach wie vor zu dem Projekt.

hey