berliner szenen Der Bloomsday 2002

Cruck, crack, crick

Es ist nicht acht Uhr morgens, ich fühl’ mich aber so. Schleppend setzt der Bewusstseinsstrom ein: „Gyros, Retsina, Ouzo. Nacheinander. Nebeneinander. Oh je. Mein Gesicht ist schnoddergrün.“ Hinterm Spiegel klopft und gluckert es im Versorgungsschacht, thalatta, thalatta. Oder gluckert es in meinem Kopf? Mighty mother! Tja, Decke, Wände, Fußboden, die Nasszelle ist komplett aus Asbest: „In a greek watercloset he breathed his last: euthanasia …“ Asbestos, unauslöschlich. Basta! Rasieren fällt heute aus. Sonntagsruhe. Tasse Kaffee. Radio einschalten: „My twelfth rib is gone, he cried. I’m the Übermensch. Toothless Kinch and I, the supermen.“

Ach so, hätt’ ich fast vergessen: Heute ist Bloomsday. Haaatschi! Was ich jetzt brauche, ist nicht der Ulysses, sondern die Pollenflugvorhersage. Lieber noch paar Filmtabletten einwerfen. Dann auf dem Fahrrad durch den Mauerpark, Glasscherben ausweichen. Mir ist schlecht. Shut your eyes and see. Tooor! Tooor!, brüllt es aus einem Fenster am Arkonaplatz. Spanien – Irland läuft schon, verdammte Zeitverschiebung. Da ist ja endlich die Invalidenstraße. Vor der Friedhofspforte grüßt mich ein Mann im schwarzem Regenmantel – na egal, keine Zeit für Inferioritäten. Am Zaun des Elisabethkirchhofs verkünden Plakate: „Berlin-Bloom’s-Day 2002“. Cruck – erhalte meinen Gang – crack – auf deinen Wegen – crick – dass meine Tritte nicht gleiten – crick.

Unangenehm knirschender Kiesweg. Dann angenehme Dunkelheit im Foyer der Villa Elisabeth. An der Bar ist Happy Hour von elf Uhr elf bis open end. Schätze, der Tag ist damit gerettet. Die Joyce-Lesungen sind ja eh nicht auf Deutsch: „O, won’t we have a merry time, drinking whisky, beer and wine!“

ANSGAR WARNER