„Als Badegast würde ich Dampf machen“

Richard Grunke hat das Strandbad Plötzensee und zwei weitere Freibäder von den Bäderbetrieben gepachtet. Die Preise darf er nur erhöhen, nicht senken. Bei Hallen sei das Pachtmodell ohne öffentliche Zuschüsse nicht durchführbar

taz: Herr Grunke, Sie sind Pächter des Strandbades Plötzensee. Warum wurde gestern nicht gefeiert?

Richard Grunke: Wir sind erst seit Mai dort. Der 125. Geburtstag hat uns einfach überrascht. Wir werden das nachholen.

Man spricht von Privatisierung der Freibäder. Gleichzeitig werden Ihnen als Pächter die Eintrittspreise von den Berliner Bäder Betrieben (BBB) vorgeschrieben …

… und diese sind so hoch, dass selbst die BBB einen Besucherrückgang um die 30 Prozent einkalkuliert. Damit werden Bäder an die Wand gefahren. Wir wollten etwa eine verbilligte Feierabendkarte einführen. Geht nicht. Laut Vertrag dürften wir nur teurer werden. Als Badegast würde ich da Dampf machen.

Der Senat plant, langfristig auch Hallenbäder von privaten Pächtern betreiben zu lassen. Ist das sinnvoll?

Das kann ich im Moment noch nicht beurteilen, weil da Erfahrungswerte fehlen. Ein privater Betreiber wird in den Hallen auf Grund der immensen Kosten aber nicht ohne öffentliche Zuschüsse auskommen. Andernfalls würde er Gefahr laufen, sein Publikum wegen wesentlich höherer Eintrittspreise zu verjagen.

In den Freibädern scheint es ja zu funktionieren. Was macht Hallenbäder so viel teurer?

Im Freibad hoffen wir auf eine schwarze Null bei den Eintrittspreisen und verdienen unser Geld mit der Gastronomie. Das kann man mit Hallenbädern nicht vergleichen: hier braucht man unheimlich viel Chemie, man muss einen Maschinenpark warten, wofür es qualifiziertes Personal braucht. Sogar das Wasser ist teurer geworden. Dann braucht man viel Energie für das Wasser, die Duschen, die Beleuchtung. Bei uns im Freibad heizt der liebe Gott das Wasser, wenn er uns einen guten Sommer schenkt.

Aber es gibt auch schon private Hallenbäder.

Das sind Erlebnisbäder, die nach einem anderen Konzept funktionieren. Da gehen die Leute einmal im Monat hin und zahlen dafür hohe Eintrittspreise.

Lässt sich ein normaler Schwimmbetrieb betriebswirtschaftlich ohne öffentliche Zuschüsse organisieren?

Zuschüsse sind unbedingt erforderlich. Diese können aber reduziert werden durch eine kleinere Verwaltung, durch ein strafferes Management, durch Lohndumping, um das einmal vorsichtig zu sagen. Denn Bundesangestelltentarife wird in dem Bereich keiner mehr zahlen. Aber der Staat könnte dem Privaten einen Festzuschuss für Energie und so weiter zahlen, der auch geringer als die heutige Subvention ist. Mit dem Rest müsste dann der Pächter alleine klarkommen.

Kann man nicht durch die Ausweitung des ganzen Geschäftes um eine Schwimmhalle herum Geld einnehmen? Etwa durch Sonnenbänke, Gastronomie, Sauna, Wellness?

Wenn man hier ein attraktives Angebot macht und sich ein Umfeld sucht, in dem die Leute das annehmen und auch zahlen können, hat man schon Chancen auf Gewinn. Aber bei den maroden Bädern setzt das eine Menge an Investitionen voraus, die ein Privater kaum aufbringen kann.

Hat sich die Berliner Badekultur mit ihren vielen Frei- und Hallenbädern überlebt?

Das Konsumverhalten hat sich deutlich geändert. Früher waren die Badeanstalten zum Teil auch für die Körperreinigung zuständig, heute hat jeder eine Dusche zu Hause. Und die Jugend, die im Internet surft oder skatet, geht lange nicht mehr so oft baden wie vor 20 oder 30 Jahren. Da war der Hauptspaß in der schönen Jahreszeit baden gehen. Im Freibad haben sich die Jugendlichen getroffen, Spaß gehabt und miteinander angebandelt. Das ist heute nicht mehr in dem Ausmaß so, weil es viele Alternativen gibt und die Leute kein Geld haben. Berlin ist ja entsetzlich verarmt. Nehmen wir etwa das Kombibad Seestraße im Wedding. Vor zehn Jahren noch brannte hier die Luft, zehn bis zwanzigtausend Besucher am Tag waren keine Seltenheit. Heute kommen selbst bei schönem Wetter kaum 5.000. INTERVIEW: ROT/WS