NAHOST: WARUM SCHARONS MAUER AUSSER UNMUT NICHTS BRINGEN WIRD
: Die Illusion: Sicherheit

Niemand, der ernsthaft Frieden zwischen Israel und den Palästinensern will, kann eine Trennung der beiden Völker ablehnen. Diese Idee wurde zum ersten Mal von Israels legendärem Premierminister Jitzhak Rabin formuliert. „Zwei Staaten für zwei Völker“ lautete die Formel – und sie wurde auch von den Palästinensern unterstützt.

Diese Idee wird mit der Errichtung einer Grenzanlage nun zur konkreten Form. Mit Rabins Ideen, die auf eine Trennung per Verhandlungen zielten, hat dies allerdings nicht viel zu tun. Der kürzlich entwickelte Teilungsplan des „Friedens- und Sicherheitsrats“, einer Gruppe früherer Topmilitärs, sieht immerhin die Evakuierung von 40 bis 50 israelischen Siedlungen vor sowie den Abzug des militärischen Wachpersonals aus dem Westjordanland und dessen künftige Stationierung an der neuen provisorischen Grenze. Einen ähnlichen Vorschlag hatte Ehud Barak in Camp David den Palästinensern vorgelegt.

Diese Vorschläge knüpfen mit Blick auf die Zwei-Staaten-Lösung an Rabin an. Über diese Vorschläge könnte man verhandeln – das gilt für Ariel Scharons Zaun, der teilweise einer Mauer gleicht, nicht. Diese Grenze soll für keine einigermaßen vertretbare, faire Teilung sorgen, sondern nur für die Sicherheit Israels. Offenbar orientiert Scharon sich dabei am Beispiel des Gaza-Streifens, der nahezu hermetisch abgeriegelt ist und aus dem in den vergangenen zwei Jahren kein einziger Selbstmordattentäter nach Israel vordrang. Dabei wird allerdings übersehen, dass eine Abriegelung des Westjordanlandes kaum praktikabel ist. Im Gaza-Streifen übertrifft die Zahl der stationierten Soldaten die Zahl der jüdischen Siedler. Ohne die Evakuierung von Siedlungen im Westjordanland wäre eine Grenze schon rein finanziell illusorisch.

Scharons Grenzanlage ist deshalb nichts als Augenwischerei, ein Versuch, der israelischen Öffentlichkeit die Illusion von mehr Sicherheit zu verschaffen. Und gleichzeitig wird diese Grenze neuen Unmut bei den Palästinensern schüren, die machtlos dem Bau der Anlagen auf ihrem Land zusehen müssen. SUSANNE KNAUL