Gensoja wird umgeleitet in die Futtertröge

Stiftung Warentest: Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind praktisch aus den Supermärkten verschwunden. Dafür vermehrt im Tierfutter

MÜNCHEN taz ■ Als im Jahr 1999 der Gen-Riegel „Butterfinger“ in Deutschland vom Markt genommen wurde, schien es sich um einen Einzelfall zu handeln. Allerdings hat die Abwehrhaltung der Verbraucher gegenüber Gen-Food weitere Früchte getragen: In einer Stichprobe der Stiftung Warentest waren in 27 von 82 geprüften Lebensmitteln nur Spuren von Genmais oder Gensoja gefunden worden (test-Heft 6/02). Im Jahr 2000 hatte die Stiftung den selben Test bereits schon einmal durchgeführt. Damals wiesen die Wissenschaftler bei 31 von 82 getesteten Produkten bis zu 20 Prozent Genmais oder -soja nach – ohne Deklarierung. Heute gibt es eine EU-weite Kennzeichnungspflicht: Enthält ein Produkt mehr als ein Prozent transgener Zutaten, muss das auf der Verpackung stehen.

„Das Verschwinden von Gen-Food aus dem Supermarkt ist natürlich erst mal ein Erfolg für den Verbraucher und für Organisationen wie unsere, die sich immer gegen Gen-Food gestellt haben“, freut sich Henning Strodthoff, Gentechnik-Experte bei Greenpeace. Bei den meisten der ehemals belasteten Produkte wie Sport-Riegel und Backmischungen wurden einfach die Zutaten ausgetauscht. Hennig Strodthoff bestätigt die Haltung vieler Lebensmittelhersteller, auf Soja oder Mais verzichten zu wollen – sei es aus gentechnisch-kritischen oder aus verbraucherfreundlichen Gründen.

Aber auch der Handel hat laut Stiftung Warentest reagiert: Einige im Jahr 2000 geprüfte Produkte waren gar nicht mehr im Sortiment der Läden. Sehr geringe Mengen transgener Zutaten – sprich: unter 0,1 Prozent – fanden die Tester in Babynahrung von Milupa und Humana, in Sojawürstchen der Reformhaus-Marke Eden, in Tortilla-Chips von Bahlsen und Rapunzel, in Seeberger Maisgries, in Sportler-Nahrung, in Tofu und Sojamehl.

Trotzdem spiegelt der Test nicht die aktuelle Entwicklung auf dem Gen-Food-Sektor wider. Denn der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen boomt weltweit. In den USA stammten 2001 satte 68 Prozent der Ernte aus gentechnisch manipuliertem Saatgut, im Jahr 2002 werden es voraussichtlich 74 Prozent sein, berichtet die von Verbraucherinitiativen erstellte Web-Seite transgen (www.transgen.de). In Argentinien wurde 2001 sogar 99 Prozent Gen-Saatgut verwendet. Und da in der EU kaum Soja angebaut wird, muss importiert werden – 2002 etwa 16,5 Millionen Tonnen, davon stammen 40 Prozent aus nordamerikanischer Ernte und 60 Prozent aus südamerikanischer.

Die Abnehmer sind vor allem Futtermittelhersteller. Und das, weil durch das Tiermehlverbot eine „Eiweißlücke“ entstanden ist. Die soll nun durch eiweißreiches Soja aufrecht erhalten werden. „Die Vermutung, dass es sich dabei um große Mengen Gensoja handelt, liegt nahe“, meint Strodthoff von Greenpeace. Für Tierfutter besteht aber noch keine Kennzeichnungspflicht, der Bauer weiß also oft gar nicht, ob das Soja im Mischfutter verändertes Erbgut besitzt. Ein Nachweis im Endprodukt, in Butter oder Fleisch, ist bisher nicht möglich.

Bleibt uns nur noch das Warten auf das neue Gen-Gesetz: Das soll die komplette Kennzeichnung – vom Futtermittel über die Produkte, auch wenn nichts mehr nachweisbar ist – gewährleisten. Die EU-Kommission hat dazu bereits Entwürfe vorgelegt. Die müssen aber noch Parlament und Ministerrat passieren.

KATHRIN BURGER