Drehbuchschreiber küsst man nicht

■ Spot on für die Unbekannten des Films: Die Drehbuchautoren. In Bremen werden sie jetzt mit noch nicht realisierten Werken auf die Bühne gebracht. Den Anfang machte die Rosa-von-Praunheim-Show

In Hollywood sind sie die unbekannten Wesen: Die eigentlichen Erfinder der Filmstories, die Drehbuchauchtoren. Im fertigen Film verschwindet die Arbeit des Autoren nämlich fast spurlos. Da wird das Skript meist so vom Regisseur oder von anderen Autoren umgeschrieben und gekürzt, dass man den Ursprung oft kaum noch im Film erkennt. Bis vor kurzem wurde der Schreiberling nicht mal zu den Premieren eingeladen. Auf der Hollywood-Hackordnung steht er ganz unten.

In Bremen versucht man jetzt ein bisschen Licht in dieses Autorendunkel zu bringen. Es könnte doch spannend sein, mal die Drehbücher (die nicht realisierten) vorzustellen, sie mit Schauspielern auf der Bühne zu inszenieren und dabei dann gleich auch den unbekannten Drehbuchautor vorzustellen. Drehbücher, von denen Regisseure oder Produzenten oft behaupten, das aus ihnen bestimmt der beste Film ihrer Karriere würde, wenn sie nur das Geld dafür zusammenbekommen könnte.

Die Idee zur Drehbuch-Inszenierung hatte (nicht als erste, aber immerhin) Elke Peters von der in Bremen ansässigen „Neue Mira Filmproduktion“. Finanziell wird das Projekt unterstützt von der „nordmedia Fonds GmbH“, die damit in Bremen etwas mehr Profil bekommen will. Und so wird nun regelmäßig einmal im Monat ein Drehbuchautor sein noch unverfilmtes Skript vorstellen, und am Abend davor wird man einen Film zeigen, der auf einem seiner Drehbücher basiert.

„Die erste Fassung fand ich toll!“ sagte Klaus Chatten am Donnerstagabend in der „Lila Eule“, als er auf den Film „Stille Nacht“ angesprochen wurde, zu dem er das Drehbuch geschrieben hatte. Und dieser Satz ist typisch für seine Zunft und das Umschreiben des Skripts. Und auch Chatten selbst, der zwar der meistgespielte Dramatiker der 90er Jahre sein mag, ist immer noch zu unbekannt um die „Lila Eule“ voll zu kriegen.

Denn für die erste Veranstaltung sollte es natürlich einen „Knaller“ geben. Da war es schon eine gute Idee, Rosa von Praunheim einzuladen. Der bot am Donnerstag im Grunde allerdings nur eine Rosa von Praunheim-Personality-Show, bei der er sich selber und seine sexuellen Vorlieben feierte, umrahmt von Chansons der beiden Berliner Tunten Ichgola Androgyn und Tima die Göttliche.

Aber die Bude war voll und Buten un Binnen hat auch gefilmt. Das ganze war zwar eigentlich eine Mogelpackung, die sogar das Klischee vom Drehbuchschreiber, der im Dunkeln bleibt, voll bestätigte. Denn Klaus Chatten wurde nur zweimal kurz von Praunheim interviewt und verschwand dann wieder im Publikum. Zudem hatte er auch nicht allzuviel mit den gespielten Szenen zu tun. Denn diese basierten einerseits auf einem typischen Pornofilm-Scenario (Frau allein zuhaus, Versicherungsvertreter klingelt, nach ein paar Minuten landen beide im Bett), andererseits wurden sie frei von den SchauspielerInnen Anne-Katrin Gumich, Michaela Kaspa und Bernd Lamprecht improvisiert.

Nach zwei dieser Bettszenen erzählte Chatten dann kurz den ebensfalls porno-kompatiblen Plot (sieben Frauen werden vom Versicherungsvertreter missbraucht, sie schmieden einen Racheplan, locken ihn in ein einsames Haus und quälen ihn dann tagelang), und dann gab es noch zwei improvisierte Quälszenen, in denen dem Opfer übel mitgespielt wurde (ich sage nur Tätowierung und Urin!). Das Ganze soll sich in dem nächsten Praunheim-Film „Das Haus der rächenden Frauen“ entwickeln, der auf ebensolchen improvisierten Szenen basiert, die dann Klaus Chatten als „Co-Autor“ in ein dramaturgisches Gerüst setzten soll.

Doch der Chef in einem Praunheim-Film ist immer Praunheim, und das Drehbuch war bei ihm eh nie so wichtig. Aber es war ohne Zweifel ein unterhaltsamer Abend, bei dem die schwul/lesbische Cineasten-Szene der Stadt auf ihre Kosten kam, und das sei ihnen von Herzen gegönnt.

Die weiteren Veranstaltungen werden wieder in der Lila Eule stattfinden, im Herbst hofft man dann auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, indem man mit der Show in die Disco „Rosige Zeiten“ am Rembertiring zieht. Beim nächsten Mal geht es aber richtig los: Am 16. Mai stellt der Luxemburger Autor und Regisseur Andy Bausch seine Detektivgeschichte „Johnny Perfume“ vor. Die Titelrolle eines Philip Marlowe in Hamburg (kann man das nicht noch in Bremen umschreiben?) spielt Oscar Ortega Sanchez, der auch schon in Bauschs „Back in Trouble“ mitspielte. Dieser Film ist auch tatsächlich schon gedreht und wird am 15. im Cinema zu sehen sein.

Wilfried Hippen