FU frei von Projekttutorien

Zukünftig können die Studierenden der Freien Universität nicht mehr in selbst gestalteten Tutorien lernen. Die Kommission zur Reform der Tutorien erklärte nun ihren Rücktritt. Das Ende einer Ära

von ADRIENNE WOLTERSDORF

Es war ein Tod auf Raten. Mit dem endgültigen Aus für die studentischen Projekttutorien (PT) endet auch ein Stück Autonomie-Geschichte der Freien Universität. Die Veranstaltungsform, bei der es in erster Linie um ein wissenschaftliches Eigenengagement der Studierenden ging, war eine Errungenschaft aus dem kurzen rot-grünen Aufbruch 1989.

Aus diesem experimentellen Laisser-faire der Autoritäten, dem erkämpften studentischen Freiraum, gingen zahlreiche Ausstellungen, Buchprojekte, Examens- und Promotionsarbeiten hervor. Selbst ein ganzer Studiengang wurde neu gedacht: der Reformstudiengang Medizin an der Charité. Mehrere tausend Studierende nutzten die „Wissenschaft in Selbstregie“, um neue Wege zur Erkenntnis zu gehen, teilweise auch in künstlerischen Produktionen, mit zum Teil beachtlicher Wirkung innerhalb und außerhalb der Alma Mater.

„Das Projekttutorienprogramm passte zu einer Universität, die auf Initiative von Studierenden gegründet worden ist und später ein Zentrum der Studentenbewegung war“, schreibt Renate Graf, Vorsitzende der Zentralen Projekttutorienkommission, in einem offenen Brief vom vergangenen Wochenende. Darin erklärt Graf den Rücktritt der Kommissionsmitglieder, „weil die Geschäftsgrundlage entzogen wurde“.

Ein Tod auf Raten war es deshalb, weil die Universität im Schraubstock der Haushaltskürzungen das notwenige Geld schrittweise auf ein Fünftel der ursprünglichen Fördersumme reduziert hatte. Zuletzt waren es nur noch 131.000 Euro pro Jahr für zehn Projekte. Nach zweimaliger Beratung, im Mai und Anfang Juni, beschloss der Akademische Senat mit deutlicher Mehrheit (das Abstimmungsergebnis liegt noch nicht offiziell vor), das Programm nicht fortzusetzen. Das bislang gezahlte Fördergeld solle, so der Beschluss, für noch nicht genauer definierte Projekte im Bereich der Studienreform verwendet werden.

Renate Graf bedauert diesen Beschluss sehr, denn ihrer Meinung nach werde damit „ein wichtiger Ansatzpunkt für studentische Aktivitäten und Engagement im Studium an der FU zerstört“. „Eine Zäsur in der FU-Geschichte“ nennt es sogar Annette Mörler, studentisches Mitglied der Kommission. Ihrer Meinung nach kam der Beschluss weniger aufgrund rationaler Erwägungen zustande, sondern beruht vielmehr auf „einer Müdigkeit um die permanenten Auseinandersetzungen“. Tatsächlich schwelten die Auseinandersetzungen bereits seit zwei Jahren. Die Reformkommission hatte vorgeschlagen, dass die Studis für die Tutorienteilnahme auch Scheine erhalten sollten. Zudem sollte die immer wieder geforderte Teamarbeit in kleineren Projekten gestärkt werden.

Das Uni-Präsidium wollte hingegen die Projekte einzelnen Fachbereichen einverleiben, auch finanziell. Mörler meint dazu, dass nach dem vom Akademischen Senat beschlossenen Wegfall der PT-Koordinierungsstelle sicherlich auch „die Instanz fehlte, die vehementen studentischen und öffentlichen Widerstand gegen die Abschaffung des Programms organisieren konnte“. Die Strategie des FU-Präsidiums, so schlussfolgert die langjährige PT-Aktivisten Mörler, sei traurigerweise aufgegangen.