Todesstrafe in Florida dank deutscher Akte

Bremer Anwalt: William Coday wurde zum Tode verurteilt, weil die Jury von deutscher Vorgeschichte wusste. Unterlagen wurden illegal beschafft

BREMEN taz ■ Vor zwei Wochen ist der 45-jährige William Coday in Florida wegen Mordes zum Tode verurteilt worden. Der Bremer Anwalt Bernhard Docke, der in dem Verfahren als Rechtsexperte ausgesagt hat, spricht jetzt von einer „direkten deutschen Mitverantwortung für das Todesurteil“. Denn eine deutsche Akte spielte in dem Verfahren eine Rolle, die nie in die Hände der amerikanischen Behörden hätte gelangen dürfen. Dass sie es dennoch tat, sei Folge eines „illegalen Piratenaktes“, so Docke.

William Coday tötete in den 70er-Jahren in Hamburg seine damalige Freundin, die ihn verlassen wollte, und wurde 1979 wegen Totschlags in einem minder schweren Fall verurteilt – Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten auf Freispruch wegen Schuldunfähigkeit plädiert.

1997 scheint sich das Geschehen in Ford Lauderdale, Florida, zu wiederholen: Coday tötet seine Freundin, weil die ihn verlassen will. In seiner Wohnung finden die Ermittler Hinweise auf das Hamburger Verfahren – und werden neugierig auf die deutschen Akten. „Die Amerikaner hätten ein förmliches Rechtshilfeersuchen stellen müssen“, sagt Anwalt Docke, was wiederum Deutschland hätte ablehnen müssen. Zum einen sei Codays deutsche Strafe 18 Jahre nach der Tat aus dem Bundeszentralregister getilgt worden, damit gelte er als „unbestraft“. Zum anderen aber droht Coday in den USA die Todesstrafe. „Deutschland darf sich nicht beteiligen, anderen Ländern bei der Vollstreckung der Todesstrafe zu helfen.“

Die Ermittler in Florida, so recherchierte der Bremer Anwalt, halfen sich anders: Über einen Freund bei der US-Militärpolizei in Bamberg sei ein Bamberger Kripo-Beamter um Hilfe gebeten worden. Dieser Beamte habe mit dem Briefkopf der Bamberger Kriminalpolizei die Coday-Akten aus dem Archiv der Staatsanwaltschaft Hamburg angefordert, sie auch bekommen und gen USA weitergereicht –„völlig unzulässig“, sagt Docke.

Das hatte er im Mai auch dem dortigen Richter erklärt. Der stimmte zwar Dockes Auffassung zu. Dennoch, ist Docke sicher, haben die Jury-Mitglieder, die zwischen „lebenslänglich“ und der Todesstrafe zu wählen hatten, längst von der Hamburger Vorgeschichte erfahren. Er verweist auf die zahlreichen Medienberichte über das Verfahren in den USA. „Bitter“ findet Bernhard Docke den Vorgang. Und erwartet von der Hamburger Staatsanwaltschaft Konsequenzen. Doch von dort hieß es gestern dazu nur: „Kein Kommentar.“ SUSANNE GIEFFERS