Karsai mit Kabinett

Loja Dschirga beendet. Karsai stellt Teil seines Kabinetts vor. Proteste, weil es weder Aussprache noch Abstimmung über Kandidaten gab

KABUL taz ■ Unter Protestrufen ist gestern Abend die afghanische Große Ratsversammlung (Loja Dschirga) beendet worden. Zuvor hatte der Übergangspräsident Hamid Karsai einen Teil seines Kabinetts vorgestellt und eine improvisierte Abstimmung per Handzeichen als Bestätigung gewertet.

Eine Aussprache gab es nicht. Vielmehr brach der Vorsitzende Ismail Qasemyar gegen den Protest zahlreicher Delegierter die Versammlung mit dem Verweis auf das Abendgebet ab. In Karsais Kabinett, von dem er nur 15 Minister vorstellte, gab es so weit keine sehr großen Änderungen. Die Tadschiken Mohammad Qasim Fahim und Abdullah Abdullah behielten ihre Posten als Verteidigungs- und Außenminister. Der zu Beginn der Loja Dschirga zurückgetretene Innenminister Yunis Kanuni wird Erziehungsminister. Die drei gehören zu einer aus dem Pandschirtal stammenden Fraktion der Nordallianz, die im alten Kabinett das Machtzentrum bildete. Viele Afghanen hatten eine Reduzierung der Macht der drei erwartet. „Einen Posten für Kanuni zu finden war mein größtes Problem“, sagte Karsai den Delegierten, die er erst später über den Verbleib des bisherigen Innenministers unterrichtete.

Der neue Innenminister heißt Taj Mohammad Wardak. Der Paschtune war erst im Februar aus dem 18-jährigen Exil in Kalifornien zurückgekehrt. Eine weitere bemerkenswerte Personalentscheidung ist der neue Finanzminister Ashraf Ghani. Der Paschtune war bisher Karsais wichtigster Wirtschaftsberater. Zuvor war er schon Berater des UNO-Sondergesandten Lakhdar Brahimi gewesen und hatte für die Weltbank gearbeitet. In den letzten Monaten leitete er eine einflussreiche Kommission, die sämtliche ausländischen Hilfsgelder verwaltet.

Zu seinen Stellvertretern ernannte Karsai neben Verteidigungsminister Fahim den Hasara-Führer Karim Khalili und den paschtunischen Gouverneur von Dschalalabad und bisherigen Stadtentwicklungsminister, Abdul Qadir. „Sie sollen in der Hauptstadt sein und nicht in ihren Provinzen“, forderte Karsai. Damit will er die beiden stärker einbinden. Karsai kündigte an, bald sein restliches Kabinett zu benennen. Er wiederholte seinen Vorschlag, dass eine Kommission aus 45 Mitgliedern aus den neun Regionen des Landes darüber entscheiden solle. Eine offizielle Entscheidung der Loja Dschirga darüber gab es nicht.

SVEN HANSEN