Trotz Appell: ein weiterer Anschlag in Jerusalem

Tote und Verletzte bei Selbstmordanschlag. 55 palästinensische Intellektuelle fordern Ende der Attentate. Die israelische Regierung droht mit einer Wiederbesetzung der Autonomiegebiete

BERLIN/JERUSALEM taz/rtr/afp ■ Bei einem zweiten Terroranschlag in Jerusalem innerhalb von 24 Stunden sind am Mittwoch mindestens vier Menschen, davon drei Israelis, getötet und mindestens zwanzig weitere verletzt worden. Der Selbstmordanschlag wurde im Stadtteil French Hill an der Grenze zum arabischen Ostteil der Stadt verübt.

Der erste Ruf palästinensischer Intellektueller nach einem Ende der Attentate hatte demnach keine unmittelbare Auswirkung. Gestern erschien in der palästinensischen Tageszeitung Al-Quds ein ganzseitiger Appell auch an die Hintermänner der Attentate, damit aufzuhören, „unsere Jugend zu diesen Operationen anzutreiben“.

Zu den 55 Unterzeichnern gehören unter anderem die prominente Politikerin Hanan Aschrawi und Sari Nusseibeh, Arafats Vertreter in Jerusalem, sowie Menschenrechtler, Akademiker und Schriftsteller. Zur Begründung schreiben sie nach einer Übersetzung des Middle East Research Institute (Memri): „Wir wünschen dies, weil wir als einziges Ergebnis dieser Anschläge die Verfestigung der Abneigung, der Wut und des Hasses und die Vertiefung der Kluft zwischen den beiden Völkern sehen. Sie zerstören die Möglichkeit, dass beide Völker Seite an Seite in zwei benachbarten Staaten in Frieden leben.“

Ein reiner Konfrontationskurs führe zu nichts als „Zerstörung und Verderben“ für alle in der Region. „Für dieses Resultat sehen wir keinerlei logische, menschliche oder politische Entschuldigung“, folgern die Unterzeichner.

Der Aufruf erschien einen Tag nach dem verheerenden Anschlag auf einen israelischen Bus in Jerusalem, bei dem 19 Israelis sowie der Selbstmordattentäter ums Leben kamen. In einer Reaktion darauf drohte die israelische Regierung mit einer teilweisen Wiederbesetzung der palästinensischen Autonomiegebiete. Damit kündigte sie zugleich eine Wende ihrer bisherigen Politik an.

Als unmittelbare Vergeltung rückte die Armee wieder in die Städte Dschenin, Kalkilja und Nablus im Westjordanland ein und inhaftierte 1.200 Palästinenser, die sich illegal in Israel aufhielten. B.S./UWI

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