Urdrüs wahre Kolumne
: Fünfmal Mamma

Wer sieht schon den Balken im eigenen Auge?

Die letzten Tage der Menschheit sind den alten Propheten zufolge dann angebrochen, wenn mittelständische Brauereien durch anonyme Bierkonzerne vernichtet werden, sozialdemokratische Senatoren aus Bremen Manager beim Hamburger Sportverein werden sollen und die Ochsenfrösche überhandnehmen. Obwohl diese Zusammenhänge seit Nostradamus, Jakob Lorbeer und Wolfgang Schiesches bekannt sind, wird all solchen Entwicklungen kein Einhalt geboten – so rufe ich denn unsere Fußballgötter dazu auf, heute mit einem Sieg gegen den US-Soccer-Imperialismus ein Zeichen zu setzen, damit dieser Erde noch letzte Chancen bleiben: Miroslav -Marco Klose-Bode, Hoffnungsträger!

Im Streit um das Mamma-Screening in Bremen und anderswo gebe ich als weder sonderlich Betroffener noch übermäßig Interessierter oder gar Informierter zu bedenken, dass ein solches Projekt schon deshalb hinterfragt werden muss, weil das Wort selbst so unmöglich ist. Mamma-Skriening! Mamma Skriening!! Versuchense mal, das fünfmal hintereinander zu sagen ohne sich dabei sehr blöd vorzukommen und komische Bilder von Claudia Roth, Herta Däubler-Gmelin und Elisabeth Motschmann mit scheppernden Sammelbüchsen des Müttergenesungswerks vor das innere Auge zu kriegen ... Und kombinierense die Mammas doch mal mit dem neuen Schlager der gleißnerischen Plattwortfabrikanten und Absahner im Lande: „Kompetenzzentrum“! Iegittegitt, in allen Schreibformen, Verknüpfungen und Zusammenhängen.

Wie entgeht man morgen der Zappeldeppen-Armada „Vision Parade 2002“ in Bremen, ohne den House-Männern und Frauen das Bremer Spielfeld kampflos zu überlassen? Das Olbers-Planetarium immerhin bietet um 16 Uhr als Alternative das Familienprogramm „Kosmische Katastrofen/Gefahren aus dem All“, und in der evangelischen Friedensgemeinde startet um 20 Uhr eine “rauchfreie Tanzparty mit DJ Carsten“. Alles nicht so für‘n Arsch wie der Vision Park in der Stadthalle, der von den Veranstaltern immerhin selbstkritisch „After Event“ genannt wird. Und Red Bull verleiht auch diesmal keine Flügel!

Dass die aktuelle Image-Kampagne der EKD mit ihrer geqälten Selbstbanalisierung bei satten Spesen unter „sonst nichts gewesen“ abzubuchen sei, war mir und meinen Mitbrüdern und -schwestern in der reformierten Gemeindevertretung meines Kirchspiels schon beim theologisch-defizitären Auftakt klar. In Agenturen weht eben nicht der Heilige Geist, sondern lediglich der Stinkefurz der Marktwirtschaft. Lassen wir für IHN doch lieber die Leuchtreklame seiner Regenbögen werben ...

Wenn Polizei-Präser Eckhard Mordhorst für den Spendenregen aus dem Benefizkonzert der Bremer Initiative „Wir gegen Fremdenfeindlichkeit“ schon keine hiesigen Opfer von Neonazi-Gewalt benennen kann, hätte er doch wenigstens dem Schüler Tim einen kleinen Jamaica-Urlaub schenken lassen können, der von seinen Jungs so hundsgemein verprügelt wurde. Oder auch der Gigi von „Grenzenlos“, die schließlich immer wieder mit schwachen Kräften und geringen Mitteln gradebiegen muss, was den Leuten in Abschiebehaft von struktureller Gewalt seines Apparats angetan wird. Aber wer sieht schon den Balken im eigenen Auge ...?

fragt nicht ohne leichte Anflüge von Selbstkritik

Ulrich
„Splitter“ Reineking