Wowereit atmet auf

Nach Rau-Entscheidung hängt für den Regierenden nun viel an der Entscheidung des Verfassungsgerichts

Der Regierende Bügermeister Klaus Wowereit ist gestern kurz nach Bundespräsident Johannes Rau an die Öffentlichkeit getreten. „Ich begrüße die Entscheidung des Bundespräsidenten“, erklärte er in einer eilig einberufenen Pressekonferenz. Johannes Rau hatte zuvor begründet, warum er das in turbulenter Sitzung unter Vorsitz des amtierenden Bundesratspräsidenten Wowereit beschlossene Zuwanderungsgesetz unterzeichnet. Die Kritik Raus am Verhalten der Politiker im Bundesrat bezog Wowereit – im Unterschied zum selbstkritischen Brandenburger Ministerpräsidenten Manfred Stolpe – jedoch explizit nicht auf sich. „Ich denke, ich habe richtig entschieden.“ Ein objektiver Verstoß gegen die Verfassung seinerseits sei „nicht erkennbar“. Wowereit: „An meinem Verhalten, das Land Brandenburg noch einmal aufzurufen, ist keine Kritik geübt worden.“

In der Bundesratssitzung am 17. April, in der es um die Annahme des Zuwanderungsgesetzes ging, hatte für Brandenburg zuerst der Arbeitsminister Alwin Ziel (SPD) mit Ja geantwortet, Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) jedoch mit Nein. Daraufhin fragte Wowereit noch einmal, diesmal Ministerpräsident Stolpe. Der erklärte: „Ja“, Schönbohm daraufhin: „Sie kennen meine Auffassung, Herr Wowereit“. Wowereit stellte nun fest, Brandenburg habe mit Ja abgestimmt, damit war die Mehrheit für das Zuwanderungsgesetz gesichert. CDU-Ministerpräsidenten riefen „Verfassungbruch“, vor allem der Hesse Roland Koch attackierte Wowereit.

Der sprach gestern das „inszenierte Verhalten von Koch und anderen“ direkt an. „Ich hätte mir gewünscht, dieser Konflikt wäre gar nicht erst in den Bundesrat getragen worden. Das hätte im Brandenburger Kabinett geklärt werden müssen.“

Nun wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob das Zuwanderungsgesetz tatsächlich verfassungskonform zustande gekommen ist.

Kommt es zu dem Schluss, dies sei nicht der Fall, hat Wowereit ein Problem. Ein höchstrichterlich attestiertes Fehlverhalten würde nicht nur seine Autorität als Bundesratspräsident, sondern auch als Regierender beschädigen. Schon im Mai hatte ein Kommentator in der Frankfurter Allgemeinen mit Blick auf den Sturz Diepgens, die Zusammenarbeit mit der PDS und den „Verfassungsbruch“ geurteilt: „All das ist ein für die deutschen Nachkriegsverhältnisse neuer, halbasiatischer Politikstil“.ROBIN ALEXANDER

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