„Fischer müsste mal Klartext reden“

Der EP-Abgeordnete Armin Laschet kritisiert die Global-Überweisungen der EU an Arafats Autonomiebehörde

taz: Herr Laschet, Sie sind am Mittwochabend im Auswärtigen Ausschuss mit dem Antrag gescheitert, den Haushaltszuschuss an die Palästinensische Autonomiebehörde künftig zweckgebunden auszuzahlen. Warum findet so ein Vorschlag keine Mehrheit?

Armin Laschet: In seiner Pressemitteilung hat der sozialistische Abgeordnete Jannis Sakellariou schon meine Anfrage als ein „Fischen im Trüben“ bezeichnet. Das sei nur wieder die übliche Israel-Propaganda. Chris Patten hat sehr geschickt das Gleiche suggeriert. Natürlich machen die Israelis Propaganda mit den Dokumenten, die sie in Ramallah gefunden haben, das ist mir auch klar. Aber ich glaube einfach nicht, dass sie hunderte von Seiten gefälscht haben. Dass Arafat ein Schiff voller Waffen gekauft hat, ist für mich offensichtlich.

Bis jetzt hat das Parlament die Zahlungen immer gebilligt.

Wenn wir diesen monatlichen Blankoscheck von 10 Millionen Euro an die Palästinensische Autonomiebehörde kritisiert haben, hat Patten immer gesagt: Kein Problem, das wird alles vom Internationalen Währungsfonds kontrolliert. Dann lehnt sich jeder zurück und sagt: Na, wenn sich die Amerikaner da drum kümmern, ist das ja wohl in Ordnung. Aus dem Zeit-Dossier vom 6. Juni geht aber hervor, dass der IWF-Vertreter für Palästina zum Arafat-Clan gehört. Dem Spiegel hat er gesagt, dass er gar nicht prüft, wofür die Einzahlungen verwendet werden. Das Europaparlament hat nur ein eingeschränktes Budgetrecht. Die Haushaltslinie für Palästina kann die Kommission verteilen, wie sie will. Jetzt ist der Palästina-Topf aber leer. Ab Juli will Patten Geld aus dem Meda-Programm dafür ausgeben, das eigentlich für andere Zwecke bestimmt war. Da muss er das Parlament um Erlaubnis fragen. Dass wir überhaupt zahlen, war nie umstritten, obwohl im Osloer Abkommen ja steht, dass die Konflikte in Zukunft friedlich gelöst werden sollen. Also fehlen spätestens ab 2002 eigentlich die Voraussetzungen, um Gelder freizugeben.

Haben die Israelis denn Recht, wenn sie sagen: Die EU finanziert den Sprengstoff, mit dem Selbstmordattentäter unsere Kinder töten?

Ganz sicher wird nicht das finanziert, was die Europäische Union fördern will. Da ist egal, ob Arafat Schecks an die Hinterbliebenen der Attentäter schickt oder seine Anhänger mit Posten in der Autonomiebehörde versorgt. Patten sagt nun, es gebe keine Belege dafür. Natürlich wird man keinen Scheck, den Patten unterschrieben hat, in der Hand eines Selbstmordattentäters finden. So einfach funktioniert es ja auch nicht.

Gibt es überhaupt Hoffnung, dass sich die Situation bessert, solange Arafat das Sagen hat?

Zumindest ist kaum denkbar, dass die Nach-Arafat-Ära schlechter wird. Wenn ein radikaler Palästinenserführer an die Macht käme, hätte er vielleicht genug Rückhalt bei seinen Leuten, um sich auf einen neuen Dialog mit Israel einzulassen. Man wüsste auch eher, wo man dran ist. Aber das müssten die Palästinenser selber in die Hand nehmen. Das können wir von hier nicht steuern. Sogar die Amerikaner sind von der Linie wieder abgekommen, Arafat zu ignorieren.

Wird der Rat in Sevilla zu dem Thema Stellung nehmen?

Unser Wunsch wäre – vor allem an Fischer, der ja im Nahen Osten eine gewisse Autorität besitzt –, gegenüber der Kommission mal Klartext zu reden. Wenn der deutsche Außenminister Patten sagen würde, dass die Bundesregierung diese Politik für falsch hält, hätte das großes Gewicht.

Zum Schluss was ganz anderes: Was ist eigentlich aus den 13 Palästinensern geworden, die die EU Ende Mai aufgenommen hat?

(Verblüffte Pause. Lacht) Das war ja eine abenteuerliche Geschichte. Leute, die dort zu gefährlich sind, lässt man nach Europa reisen. Und für andere Flüchtlinge sind die Grenzen dicht. Wo die jetzt stecken? Keine Ahnung. Wäre mal was für eine Anfrage an den Rat …

INTERVIEW: DANIELA WEINGÄRTNER