PISA: Bremer sind die Dümmsten

Die PISA-Ergebnisse sind da: Bremen ist Schlusslicht. Bildungssenator Willi Lemke würde zurücktreten, wäre er verantwortlich

Jetzt ist es offiziell: Bremen bildet beim Schulleistungstest PISA das deutsche Schlusslicht, und das in allen drei getesteten Bereichen Lesekompetenz, naturwissenschaftliche und mathematische Grundbildung.

Für Bildungssenator Willi Lemke (SPD) war es kein schönes Wochenende. Dass sich Bremen im Länder-Ranking ganz weit hinten befinde, das habe er gewusst, erklärte er gegenüber der taz, aber dass „wir so schlecht abschneiden, das hat mich richtig schockiert.“ Hätte er den Zeitraum, in dem die PISA-Studie erstellt wurde, zu verantworten, „würde ich heute zurücktreten.“

Heute trifft sich Lemke mit dem Leiter der deutschen PISA-Studie, Jürgen Baumert, vom Berliner Max-Planck-Institut, und wird ihm einige Fragen stellen. Denn bei den in Bremen getesteten 15-Jährigen hatten 40 Prozent einen Migranten-Hintergrund. Tatsächlich aber sei das nur bei 20 Prozent der Bremer SchülerInnen der Fall, betont Lemke. Auch sonst hadert er mit dem Vergleich, sei doch hier „eine Großstadt mit einem Anteil von 9,9 Prozent Sozialhilfeempfängern an der Bevölkerung mit Baden-Württemberg, wo zwei Prozent der Menschen Sozialhilfe beziehen“, verglichen worden.

„Wir müssen uns in einem gemeinsamen Kraftakt besinnen, dass Lehre und Schule wieder einen größeren Stellenwert bekommen“, sagt Lemke jetzt. Dass Bremen mit seinen Ausgaben im Bildungsbereich an der Spitze stehe, bedeute da wenig. „Wir stehen mit den Ausgaben so weit oben, weil unsere Lehrer so gutes Geld verdienen“, sagt Lemke. Das seien zum einen die angestellten Lehrer, die teurer seien als die Beamten. Zum anderen seien viele Lehrer „zu alt“. Und damit zu teuer. Ein weiterer Faktor: Die Förderung behinderter Kinder finanziere auch der Bildungsetat – in Baden-Württemberg laufe das über Soziales. All das mache es ihm schwer, noch mehr Geld für sein Ressort zu fordern, obwohl das dringend notwendig wäre. Ende der Woche tagt deshalb der Koalitionsausschuss.

Lemke wünscht sich eine „Vergleichskultur“, die es noch nicht gebe. „Hier war immer alles relativ beliebig – ist doch egal, ob du gut oder schlecht bist“, beschreibt er seine Sicht auf die hiesige Bildungsvergangenheit, „speziell in Bremen, wo die GEW das jahrzehntelang gesteuert hat.“ Das sei „keine Schuldzuweisung, ich versuche nur zu analysieren.“ Finnland mit seinen national gesteuerten Vergleichsarbeiten sei das beste Beispiel. Das Bremen nachmachen werde: „Ein solch schlechtes Ergebnis“, verspricht Lemke, „wird es in zehn Jahren nicht wieder geben.“

Den Vorwurf, Vergleichskultur nicht zu wollen, lässt Jürgen Burger von der GEW nicht auf sich sitzen. „In Deutschland wird immer zwischen Ungleichem verglichen“, kontert er. Lemke, so Burger, „redet viel übers Messen, aber nicht über wirkliche Veränderung der Bedingungen.“

Regelmäßige Qualitätsprüfungen fordern auch die Bremer Grünen, aber für die einzelnen Schulen auch „mehr gestalterische Freiräume, um den Lernprozess angepasst an den Bedingungen vor Ort organisieren zu können“, so der bildungspolitische Sprecher Dieter Mützelburg. Einzig gut, sagt Grünen-Fraktionschefin Karoline Linnert, sei hoffentlich der „Effekt, dass CDU und SPD nicht länger den Kopf in den Sand stecken können.“ Die Koalition müsse „der Bildung endlich auch finanziell die Bedeutung zugestehen, die sie ihr in Sonntagsreden beimisst.“ susanne gieffers

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