Touristenfalle Nahverkehr

Seit Samstag fährt keine S-Bahn zwischen Zoo und Friedrichstraße. Vor allem ausländische Berlinbesucher kommen mit dem Ersatzverkehr nicht zurecht

Eine catastrophe findet Alain Delane die Streckensperrungen auf der Berliner S-Bahn. Seit drei Tagen ist der breit gebaute Monsieur aus Paris in Berlin. Und ausgerechnet an diesem Samstag hat er sein Auto am Ku’damm stehenlassen. Nun steht er an der Friedrichstraße und weiß nicht weiter. Die Stadtbahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Friedrichstraße und Zoo ist seit diesem Tag gesperrt, und S-Bahn-Fahrer müssen von diesen Stationen entweder Regionalzüge nehmen oder Ersatzbusse, die zu den Bahnhöfen Bellevue, Tiergarten und Lehrter Stadtbahnhof fahren. „Verstehen sie, was da steht?“, fragt Delane eine Dame in kurzem Rock, während er auf das Informationsschild der S-Bahn deutet. Sie kann ihm weiterhelfen.

In der Regionalbahn stehen die Reisenden bis in die Gänge. Sogar die erste Klasse ist besetzt. Viele halten Reiseführer in der Hand, auch Michal Buckmeier. Zusammen mit seinem Freund sei er unterwegs zum Chistopher Street Day, erzählt der Mannheimer gut gelaunt. „Erst sind wir wegen dem Ersatzverkehr in den falschen Bus gestiegen“, berichtet er. Aber das mache nichts. „Wenn man fragt, kommt man schon zurecht“, meint er und genießt die Fahrt im klimatisierten Wagen.

Am Zoo schlägt den Reisenden die Hitze entgegen. Massen wälzen sich aus dem Zug. Andere hasten in die Waggons. Ein Dreikäsehoch macht seinem Vater Beine. „Ärgerlich ist das“, beschwert sich ein Mann und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Er trägt einen schweren Koffer. Gerade sei er frisch aus Bielefeld eingetroffen und nun dieses Durcheinander.

Während Touristen verwirrt sind, reagieren die Berliner gemischt auf die neuerlichen Streckensperrungen. Julia ärgert sich. „Und dafür kauft man sich die teure Monatskarte“, schimpft die Studentin, die mit der Bahn zur Freien Universität wollte. Aber weil ihr „die ständige Umsteigerei“ zu blöd ist, wird sie in Zukunft wohl Fahrrad fahren. Der Mann in dem blauen T-Shirt an der Bushaltestelle dagegen hat Verständnis und Geduld. „Die Arbeiten müssen doch getan werden“, sagt er. Über ihm hat jemand „klappt saumäßig“, auf das Haltestellenschild geschrieben.

Geduld müssen die Berliner noch einige Zeit haben. Die Stadtbahnstrecke zwischen Zoo und Friedrichstraße bleibt noch bis zum 4. Juli gesperrt. Länger dauert es auf den Strecken S 1, S 2, S 25 und S 26 nicht zwischen Nordbahnhof und Yorckstraße. Bis zum 13. Oktober fahren die Züge hier gar nicht oder nur eingeschränkt von der Yorckstraße zum Potsdamer Platz (ab 16. Juli).

Einschränkungen gibt es außerdem noch bis zum 1. Juli im Straßenbahnverkehr. Am Alexanderplatz und über die Oranienburger Straße fahren statt der Trams Ersatzbusse.

SUSANNE VANGEROW