Kapazitäten überschritten

Wolkenbruch, strahlende Sonne, ein Besucherrekord, alte Helden und neue Stars: Das Hurricane-Festival am vorigen Wochenende war eine große Party mit ein paar Widrigkeiten

von VOLKER PESCHEL

„Hey, it‘s a girls line-up tonight!“, freute sich Shirley Manson, die Sängerin von Garbage. Sie gehörte zu den Stars des Hurricane-Festivals, das am Wochenende in Scheeßel bei Bremen stattfand. Und während sie auf der Bühne lässig grinste, ahnten die Zuschauer nicht, dass bald stundenlange Wolkenbrüche das gesamte Gelände in eine Schlammwüste verwandeln würden. Zum sechsten Mal fand das Hurricane nun statt, mit einem großen Ansturm an Fans. Nahezu 60.000 Jugendliche drängten auf das Areal.

Der Samstagmorgen begann diesig mit einem frühen Highlight auf der kleinen Bühne im Zelt. Die Lost Prophets, ein heißer Hype auf England. Feines gab es dort auch später zu entdecken, wie die Newcomer And You Will Know Us By The Trail Of Dead sowie ihre Kollegen vom Black Rebel Motorcycle Club. Bejubelt wurden derweilen auf der Hauptbühne die Sportfreunde Stiller, ihnen folgten genauso grinsend die Hamburger Hip-Hopper Fettes Brot, die die Frage des Festivals stellten, die auf dem ganzen Campingplatz zum Running-Gag wurde: „Wie geil ist das denn?“Anschließend die von Shirley Manson bejubelte „Ladies-Night“: Nelly Furtado war nett, getanzt und gejubelt wurde danach bei No Doubt, während Gwen Stefani ihren Sixpack-Bauch schwang. Danach spielten Garbage einen sehr guten Gig zum dunklen Himmel.

Als Headliner dann die Altstars von New Order. Doch pünktlich zum Opener „Crystal“ begann es zu regnen. Einige harrten in den Wolkenbrüchen aus und erlebten einen fantastischen Auftritt. Bei der Zugabe „Blue Monday“ schwappte das Wasser bereits bis zu den Knöcheln.

Am Sonntagmorgen stand das Gelände unter Wasser. Zermürbt packten einige in nassen Turnschuhen ihre Sachen. Schade, denn am frühen Nachmittag kam zu Such A Surge die Sonne raus und strahlte dann den ganzen Tag. Und es wurde voll auf dem Eichenring. Das Zelt als zweite Bühne war vollkommen überfordert. Davor drängten sich Leute, um zumindest einen Blick auf den Auftritt von Jasmin Tabatabai oder der hervorragenden Madrugada zu erhaschen.

Währenddessen saß schwitzend ein Stargast auf der Hauptbühne. Bei den Schwermetallern Soulfly hatte er vom Bühnenrand aus zugesehen, nun trommelte er aushilfsweise bei den Queens Of The Stone Age: der Ex-Nirvana-Schlagzeuger Dave Grohl. Leute sprangen, rangen und suhlten sich im Matsch – und sahen anschließend getrocknet aus wie die Orks aus Herr der Ringe. Macht nichts, dafür gab es bei Die Ärzte einiges zum Mitgröhlen – von der dicken Elke bis zur Zugabe „Westerland“.

Unter einem tief stehenden Vollmond betraten dann die US-Superstars Red Hot Chili Peppers zu „Bye The Way“ die Bühne. Sänger Anthony Kiedis weit hinten auf der Bühne hing im Langarm-Shirt am Mikroständer. Ihr Bassist Flea drehte und tanzte auch mal am Bühnenrand herum. Hits wie „Under The Bridge“ wurden lauthals mitgesungen. Ein paar neue Songs vom kommenden Album streuten sie verhalten dazwischen. Und natürlich immer wieder Lieder von ihrem Megaseller Californication.

Eine große Feier zum Abschluss und ein legendärer Auftritt mehr auf dem Konto des Hurricane-Festivals. Bleibt aber die Frage, wie viele Zuschauer dieses charmante Festival noch verkraften kann. Denn in diesem Jahr wurden die Kapazitäten schlicht überschritten.