Vorm Verkehr rollt die Klagewelle

Anwohner rüsten zur Klage gegen „Stadtautobahn“: Im Juli kommt der Planfeststellungsbeschluss zur Erweiterung der Schwachhauser Heerstraße. Städtische Käufer wollen schon an die Vorgärten. „Aber an Enteignung denkt noch niemand“

Der Streit zwischen den AnwohnerInnen der Schwachhauser Heerstraße und der Baubehörde steht vor einer neuen Eskalationsstufe.

Anfang Juli soll der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der Schwachhauser Heerstraße zwischen Holler- und Kurfürstenallee ausgelegt werden. Er sieht durchgängig zwei Fahrspuren für den PKW- und LKW-Verkehr sowie zusätzliche Abbiegespuren vor. Im Herbst soll die außerdem geplante Straßenbahnhochpflasterung beginnen. AnwohnerInnen kündigen Widerspruch und Klagen an. Der Wirbel wächst, seit die städtische Gesellschaft für Bremer Immobilien (GBI) letzte Woche erste HausbesitzerInnen um Vorgartenflächen anging.

„Ich habe einige Betroffene angerufen, um die weiteren Schritte anzukündigen und zu signalisieren, dass wir partnerschaftlich Kontakt suchen“, erklärt dazu GBI-Mann Wilfried Jacobs. Er soll im Auftrag der Baubehörde die Fläche für die Straßenausweitung beschaffen. 18 Grundstücke sind betroffen; insgesamt werden 600 Quadratmeter Privatland gebraucht. „Pro Grundstück geht es um einen bis maximal 126 Quadratmeter“, sagt Jacobs. Es handele sich dabei auch um Flächen, auf denen Radwege um erhaltenswerte Bäume geführt werden sollten. Oder um Fläche zur Vergrößerung von Kreuzungsbereichen. Entschädigungssummen könne er nicht beziffern. „Die Bewertung läuft erst.“ Zu Enteignungsbefürchtungen von AnwohnerInnen sagt er: „Daran denkt noch niemand.“

Die Schwachhauser Bürgerinitiative gegen eine Stadtautobahn warnt unterdessen HausbesitzerInnen davor, auf „Lockangebote“ von der GBI einzugehen. Diese gebe vor, Teile von Vorgärten „zur Verbesserung des Fahrweges der Straßenbahn“ kaufen zu wollen. In Wirklichkeit sollten uralte Pläne von einer Stadtautobahn durchgesetzt werden.

Das glaubt auch Anwohner Jörg Janssen. „Für den Ausbau der Straßenbahn würde ich der Stadt das Land sogar schenken“, sagt der ehemalige Immobilienmakler. Aber das Argument, die Straßenbahnverbindung zu verbessern, sei vorgeschoben. „In Wirklichkeit plane das Bauressort eine autobahnähnliche Straße mit Schwerlastverkehr zwischen Kurfürstenstraße, Concordiatunnel, Rembertistraße und der Hochstraße als Autobahnzubringer. „Direkt durch die Innenstadt, das macht heute keine Gemeinde mehr.“ Hier solle eine Ausweichstrecke für den europäischen Fernlastverkehr entstehen, wenn die Autobahnverbindungen ins Güterverkehrszentrum verstopft sind. „Und sobald die Autobahnmaut kommt, werden Spediteure auf unsere Kosten systematisch Geld sparen“, fürchtet Janssen.

Enttäuscht äußern sich viele Schwachhauser auch über die Gesundheitssenatorin. Die habe auf Bedenken von 25 Ärzten und Apothekern zum Straßenausbau „bis heute nicht vernünftig reagiert“. Und als Antwort auf den Beschluss des Schwachhauser Ortsbeirats, der die Schwachhauser Heerstraße zweispurig lassen will, komme jetzt nur der gegensätzliche Planfeststellungsbeschluss, der dem Beiratsvotum widerspreche. Dass dies auch noch pünktlich zu Ferienbeginn geschieht, halten manche nicht für Zufall.

ede