Milošević’ Partei ist am Ende

Die Sozialistische Partei Serbiens ist zerfallen. Nun muss ein Gericht klären, an welchen Flügel die Mandate gehen

BELGRAD taz ■ Während Slobodan Milošević in Den Haag der Prozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemacht wird, fällt seine Sozialistische Partei Serbiens (SPS) endgültig auseinander. Am Sonntag rief Branislav Ivković – einst Schützling des im Volksaufstand vor knapp zwei Jahren gestürzten serbischen Führers – einen Sonderkongress der SPS zusammen. Weit über 50 Prozent der sozialistischen Delegierten folgten seinem Aufruf.

Unter dem großen Portrait von Milošević, das an der Stirnwand der Belgrader Sporthalle „Pionir“ hing, verlief der Kongress der „abtrünnigen Sozialisten“ ganz so, wie ihn sich Ivković vorgestellt hatte. Er ließ sich zum neuen Präsidenten wählen und degradierte Milošević zum Ehrenpräsidenten. Damit sollten jene Delegierten bei der Stange gehalten werden, die Milošević noch die Treue halten. Im Laufe der Diskussion wurde der ehemalige Präsident Serbiens und Jugoslawiens für seine Anfangszeit gelobt, weil er es verstanden habe, wichtige Ideen wie Sozialismus und nationale Würde miteinander zu verbinden. Kritisiert wurde jedoch, dass er in den letzten Jahren zu sehr auf falsche Mitarbeiter gebaut habe. Alles nach dem Motto: „Der Führer hat nichts gewusst!“

Trotzdem war es ein Abschied von Milošević. Die wichtigste Begründung von Ivković für den De-facto-Parteiputsch war, die SPS müsse sich endlich vom alten, verrufenen Kader befreien, modernisiert werden und „zur Basis zurückkehren“.

Knapp einen Monat davor hatte die Milošević-treue Führung der SPS den abtrünnigen Ivković, Fraktionschef im serbischen Parlament, aus der Partei ausgeschlossen und des „Verrats“ und der Zusammenarbeit mit dem neuen, „verbrecherischen“ serbischen Regime beschuldigt. Milošević höchstpersönlich verbot aus seiner Gefängniszelle heraus jegliche Kooperation mit der in Serbien regierenden Koalition DOS, die ihn an das Haager UNO-Tribunal für die im ehemaligen Jugoslawien begangenen Kriegsverbrechen ausgeliefert hatte.

Selbst dieser Flügel der SPS hört immer weniger auf ihren einst unantastbaren, geliebten Führer. Immerhin geht es um den Kampf um politische Funktionen und die über ein Jahrzehnt lang angehäufte Beute aus der Zeit, in der Milošević und seine Gefolgschaft über Serbien herrschten. Mirko Marjanović, unter Milošević serbischer Ministerpräsident, kündigte für den 28. September einen „ordentlichen“ Parteitag der SPS an. Ivković und seinen Kongress bezeichnete er als eine „Farce“.

Letztendlich wird wohl das unter dem Einfluss des serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjić stehende Verfassungsgericht Serbiens darüber bestimmen, welcher Flügel der SPS die Mandate im serbischen Parlament wird behalten dürfen. Und da haben die „Putschisten“ die besseren Chancen.

Noch vor dem internen Machtkampf krebste die SPS laut Meinungsumfragen um die Fünf--Prozent-Marke. Das Ende der einst so mächtigen Partei ist jedenfalls besiegelt. Und SPS-Gründer Milošević muss sich das alles aus seiner Gefängniszelle anschauen. ANDREJ IVANJI