performance des tages: guus hiddink, erfolgreicher therapeut
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„Fortunas Günstlinge“ (Präsident Kim) sind raus aus dem Rennen. Bis zum Halbfinale rieselte das Glück auf sie herab. Dann wendete sich Fortuna ihrem eigentlichen Protegé zu – der DFB-Elf. Guus Hiddink hat es locker genommen. Das ist seine Art. Er ist Holländer. Sein nonchalantes Wesen war anfangs eher ein Malus in Südkorea. Die Mannschaft verstand Hiddink nicht. „Die koreanischen Spieler haben früher nur Aufträge erfüllt. Ich wollte aber zusätzlich, dass sie wissen, warum sie etwas machen“, hat er in der SZ gesagt.

Er blickte in ausdruckslose, beherrschte Gesichter, egal ob die Spieler ein Spiel verloren oder gewonnen hatten. Ihre emotionale Reaktionsbereitschaft stieg von Woche zu Woche. Hiddink wirkte wie ein Therapeut für Patienten, die ihre Gefühle hinter einer Fassade der Funktionstüchtigkeit verbergen. „Ungerecht“ und „gemein“ ist er im Training zu ihnen gewesen, um ihren Widerspruch herauszufordern und aus Konditionswundern Koreaner zu formen, die „mit Verstand rennen“, wie die spanische Tageszeitung El País schrieb. Hiddink therapierte nicht nur ein Team, ein ganzes Land feierte nach den Siegen bei dieser Weltmeisterschaft ein kollektives Fest zur Befreiung vom Joch starrer Normen. Der Fußball rollte, und mit ihm plötzlich Freudentränen. Den Kollektivgeist gaben die Kohorten der „Red Army“ dabei nicht auf. Ein Meer von Rotuniformierten strömte in Stadien und auf Plätze. Alles sehr friedlich und nahezu aggressionsfrei.

Die Begeisterung schwoll an zu einer plakativen Huldigung für Hiddink. Der 55-Jährige wurde mit Dank geradezu überhäuft: Freiflüge, Freibier, ein Haus auf der Ferieninsel Cheju. Über ein Denkmal wird nachgedacht. Die Kehrseite des Erfolgs lernte der Coach vor dem Turnier kennen, als man seine Jubelgeste, die beckerähnliche Hiddinkfaust, noch nicht in Endlosschleifen über die Bildschirme zog. Ein wenig Kritik wird es nun auch geben, allerdings wird sie so moderat und freundlich ausfallen, wie das einem nationalen Idol in Asien gebührt.

Es ist viel diskutiert worden, warum gerade Südkorea zu den besten vier Teams der Welt gehört. Die lange Vorbereitungsphase, die den Europäern nicht vergönnt war, orteten die einen als Grund. Hiddinks Taktik, mit der er seine Mannschaft überzog, meinten die anderen. Beides ist richtig. Wohl auch die Nachricht, dass er nach dem Spiel um Platz drei aufhört und beim PSV Eindhoven anfängt. Es wird eine Heimkehr werden, Kulturschock inklusive. MV