Streit in Belgrad

Der Generalstabschef verweigert seine Ablösung durch Staatspräsident Koštunica und findet einen neuen Freund

BELGRAD taz ■ „Ich lasse mich doch nicht wie der letzte Dreck in diesem Staat behandeln“, brüllte Generalstabschef Nebojša Pavković, als der jugoslawische Staatspräsident Vojislav Koštunica ihn am Montag durch einen Erlass pensionieren wollte. Und als der ranghöchste General den direkten Befehl des obersten Kommandanten verweigerte, war die tiefe Krise in der Armee des von politischen Konflikten geprägten Landes nicht mehr zu verheimlichen.

Erbost rief Pavković – den noch Slobodan Milošević zum Generalstabschef befördert hatte – eine Pressekonferenz zusammen. Seine Ablösung sei gesetzwidrig, ein persönlicher Racheakt Koštunicas, weil er sich dem Missbrauch der Armee durch den Präsidenten widersetzt habe, meinte Pavković. Koštunica und seine „alkoholisierten“ engsten Mitarbeiter hätten ihm mehrmals befohlen, das Kommunikationszentrum der serbischen Regierung mit seinen Truppen zu besetzen. Angeblich habe man aus diesem Gebäude den Präsidenten und andere Politiker belauscht.

Außerdem warf der General Koštunica vor, den militärischen Geheimdienst als ein Instrument seiner Demokratischen Partei Serbiens (DSS) benutzt und von dem Generalstab und der üblichen Kommandokette abgetrennt zu haben. Der Versuch, ihn vorzeitig abzulösen, sei auch unter dem „negativen Einfluss eines Teils der amerikanischen Administration“ erfolgt. Pavković war während der Luftangriffe der Nato auf Jugoslawien im Jahre 1999 Befehlshaber der im Kosovo stationierten 3. Armee.

„Generaloberst Pavković kann nicht wichtiger sein als die Armee und der Staat“, erwiderte Koštunica auf diese Vowürfe. Die Verdienste Pavković’ während der Nato-Aggression auf Jugoslawien seien unumstritten, doch im Sinne der „zivilen Kontrolle der Armee“ und der Demokratisierung der Gesellschaft sei seine Ablösung notwendig. Es tue ihm Leid, dass Pavković sich entschlossen habe, so „unsoldatisch“ zu gehen, indem er gedacht habe, er stünde über der Armee und die Armee über dem Staat.

Kurios ist, dass nur vor wenigen Monaten die serbische Regierung und Ministerpräsident Zoran Djindjić die Ablösung des umstrittenen Generalsstabchefs forderten und der Präsident ihn energisch mit einem Machtwort in Schutz nahm. Nun beschuldigte Djindjić seinen Kontrahenten Koštunica, sich über den Obersten Verteidigungsrat des Landes hinwegzusetzen und nach eigenem Gutdünken Generäle abzulösen. Koštunica habe das „Ansehen des Staates destabilisiert“ und werde daraus Konsequenzen ziehen müssen. Das Schicksal des rebellischen Generalstabschefs bleibt vorerst ungewiss. ANDREJ IVANJI