Bürgermeister von der Farc bedroht

Kolumbiens Kommunalpolitiker stehen gleich von zwei Seiten unter massivem Druck: Die Guerilla will ihren Rücktritt erzwingen, rechtsextreme Paramilitärs wollen das gewaltsam verhindern. Doch einige Bürgermeister halten am Dialog fest

aus Porto Allegre GERHARD DILGER

Die „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) setzen offenbar auf die massive Einschüchterung von Kommunalpolitikern, um ihre militärische Macht zu demonstrieren. Mit dieser Strategie führen sie dem gewählten Präsidenten Álvaro Uribe vor Augen, wie prekär die staatliche Präsenz vor allem in ländlichen Gemeinden ist.

Seit der Wahl Uribes Ende Mai haben Bürgermeister in mindestens 19 von 32 Provinzen Todesdrohungen von der Farc erhalten, über 100 sind zurückgetreten oder haben ihre Gemeinden verlassen. Vor drei Wochen fiel Luis Carlos Caro aus Solita in der Amazonasprovinz Caquetá einem Mordanschlag zum Opfer. Die rechtsextremen Paramilitärs von den „Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens“ (AUC) wollen ihrerseits mit Waffengewalt erreichen, dass die Kommunalpolitiker die Stellung halten.

Ende letzter Woche traten in der nordöstlichen Provinz Arauca 97 Mandatsträger zurück, ebenso 23 Bürgermeister im Osten Antioquias. Nun sollen aufgefangenen Funksprüchen der Guerilla zufolge auch die Kommunalpolitiker in der zentralen Andenregion ins Fadenkreuz der Rebellen rücken. Demnach hat der „Ostblock“ der Farc seine Kämpfer angewiesen, die Kommunalpolitiker in neun Provinzen zum Rücktritt zu zwingen. „Diejenigen, die dieser Weisung nicht nachkommen, könnt ihr gefangen nehmen oder hinrichten“, zitiert die Zeitung El Tiempo aus dem „Kommuniqué“.

Auch Bogotás Bürgermeister Antanas Mockus zählt zu den Bedrohten. Mockus, der sich zweimal gegen das Parteienestablishment durchgesetzt hat, ist wegen seiner pädagogischen Kampagnen und eines strikten Antikorruptionskurses außergewöhnlich populär. Er werde auf keinen Fall zurücktreten, sagte Mockus. Die Farc hätten sich „absolut willkürlich“ und „extrem autoritär“ das Recht angemaßt, jene anzugreifen, die das Vertrauen der Gemeinschaft erlangt hätten. „Es ist eine Ironie der Geschichte: Jahrelang haben die Farc die Direktwahl der Bürgermeister unterstützt“, so Mockus. Mit ihrer jüngsten Kampagne würden sie lediglich erreichen, dass die Regierung wie früher die Bürgermeister nominiere.

Ganz so weit ist es noch nicht: Am Montag beschloss der noch amtierende Präsident Pastrana lediglich, dass die Bürgermeister ihre Amtsgeschäfte notfalls auch in Militärkasernen erledigen könnten. Dagegen sprach sich Gilberto Toro von der „Kolumbianischen Vereinigung der Gemeinden“ für eine regional differenzierte Vorgehensweise aus. Ob die im Falle der Farc noch funktioniert, wird derzeit in Ostantioquia ausprobiert. Dort hat sich das „Heer zur nationalen Befreiung“ (ELN) zu einem Waffenstillstand bereit erklärt, und selbst mit den AUC kam es zu „humanitären Abkommen“ zum Schutz der Bauern. Nach der jüngsten Todesdrohung der Farc suchten zwei der betroffenen Bürgermeister die Guerilleros auf – gegen die Weisung aus Bogotá, wo Kontakte zwischen Regionalpolitikern und Angehörigen der bewaffneten Gruppen abgelehnt werden.