Prinzip Hoffnung regiert die Börse

Nach neuerlichem Kursrutsch droht das dritte Minusjahr in Folge. Da hilft auch die gestrige leichte Erholung nichts

BERLIN rtr/taz ■ Nach der Panik von Montag regierte gestern die Hoffnung die deutschen Börsen. Weil die Auto- und Technologie-Aktien so weit verfallen waren, dass die Anleger wieder kauften, legte der Dax deutlich zu. „Das ist eine technische Erholung, die uns nach den starken Verlusten der letzten Zeit auch noch weiter nach oben ziehen kann“, sagte Aktienhändler Florian Weber vom Handelshaus Schnigge. „Der Anleger ist froh über jeden Silberstreif.“ Gefragt waren unter anderem die Titel von BMW, DaimlerChrysler und der Deutschen Telekom. Der Dax stieg am Vormittag um 1,78 Prozent auf 4.200 Punkte. Auch die Tarifeinigung in der Baubranche galt den Börsianern als kleines positives Zeichen, ebenso wie feste Kurse in den USA. Von dort war das Unheil gekommen: Gegenüber dem Euro war der Dollar auf ein 27-Monats-Tief gefallen: Ein teurer Euro, der bis auf 98 US-Cent kletterte, bedroht den europäischen Export.

Bremsen ließ sich der Dax am Vormittag nicht einmal von einem überraschend schlechten Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni. Der Index für Westdeutschland fiel im Juni auf 91,3 (Mai: 91,6) Punkte. Analysten hatten mit einem leichten Anstieg auf 91,9 Punkte gerechnet. „Es ist möglicherweise eines der ersten Zeichen, dass die Erholung in Euroland nicht gegen eine mögliche Wachstumsverlangsamung in den USA immun ist“, sagte Analyst Glenn Davies von Credit Lyonnais. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn rechnet trotzdem mit deutlicher Erholung der Konjunktur im zweiten Halbjahr. Bei der aktuellen Unsicherheit herrsche jedoch das „Prinzip Hoffnung“. In Ostdeutschland lag der Index mit 99,9 Zählern allerdings über seinem Stand aus dem Vormonat mit 99,4 Punkten.

Tiefschwarz malte gestern das Handelsblatt: Wenn der Dax bis Ende des Jahres nicht noch um mehr als 30 Prozent zulege, so das Blatt, werde der Index auch 2002 im Minus abschließen. Das wäre dann das dritte Jahr in Folge ein tiefrotes Ergebnis und eine in Europa nie da gewesene Abwärtsentwicklung.

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