Sie kam, Seleção und siegte

Dank eines genialen Moments von Ronaldo gewinnt eine nüchtern kombinierende brasilianische Nationalmannschaft 1:0 gegen die Türkei und erreicht zum dritten Mal in Folge das WM-Endspiel

SAITAMA dpa ■ Ein Geniestreich von Ronaldo war es schlussendlich, der Brasilien den Weg ins Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft wies. Der Stürmer von Inter Mailand erzielte gestern beim 1:0 gegen die Türkei im Halbfinale in Saitama in der 49. Minute den entscheidenden Treffer. Er setzte sich damit nicht nur in der WM-Torschützenliste mit sechs Treffern an die Spitze vor Miroslav Klose und Rivaldo, sondern sorgte auch dafür, dass der viermalige Weltmeister zum dritten Mal hintereinander und siebten Mal insgesamt um den Titel spielt.

Während die Brasilianer am Sonntag im Finale in Yokohama zum ersten Mal überhaupt bei einer WM auf Deutschland treffen, müssen sich die Türken mit dem Spiel um Platz drei am Samstag in Daegu gegen Gastgeber Südkorea trösten. Das Erreichen des Halbfinals ist trotz der Niederlage der bisher größte Erfolg in der Fußballgeschichte des Landes.

An die Brasilianer haben die Deutschen keine guten Erinnerungen. Gegen keinen Gegner hat die DFB-Auswahl eine schlechtere Bilanz als gegen die Südamerikaner. In 17 Spielen siegten die Deutschen nur dreimal, zehnmal gingen sie als Verlierer vom Platz. Zuletzt setzte es im März 1996 in Stuttgart ein 1:2 gegen die „Seleção“.

Dass die Brasilianer aber keine „Über-Mannschaft“ sind, zeigten sie im Spiel gegen die Türken. Basis ihres Erfolges waren auch im Halbfinale die Einzelkönner. Auf einen der Stars musste Trainer Luiz Felipe Scolari allerdings verzichten. Ronaldinho, der wegen einer Roten Karte beim Viertelfinal-Sieg gegen England fehlte, wurde im Mittelfeld durch Edilson ersetzt. Scolaris Kollege Senol Günes vertraute auf die Anfangsformation aus dem Spiel gegen den Senegal. So erhielt der alternde und zuletzt schwer kritisierte Stürmer Hakan Sükür erneut den Vorzug vor dem neuen türkischen Volkshelden und Golden-Goal-Torschützen aus dem Viertelfinale, Ilhan Mansiz.

Während die Türken wie in den Spielen zuvor mit mannschaftlicher Geschlossenheit überzeugten und bewiesen, dass sie zu Recht im Halbfinale standen, fielen die Brasilianer wieder vor allem durch Einzelleistungen auf. Dabei ragte Rivaldo heraus und stellte seinen Sturmpartner Ronaldo zunächst in den Schatten, bei dem in der ersten Halbzeit lediglich die silberfarbenen Schuhe glänzten.

Beide Mannschaften begannen sehr vorsichtig und zeigten viel Respekt voreinander. Nach 20 Minuten gaben die Türken dann das Startsignal zu einem der besseren Spiele der K.-o.-Runde. Alpays Kopfball (20.) nach Flanke von Fatih Akyel wehrte Brasiliens Torhüter Marcos hervorragend ab. Nun rückte der türkische Schlussmann Rüstü zunehmend ins Rampenlicht. Erst prüfte Cafu (21.) den Keeper von Fenerbahce Istanbul. Eine Minute später verzog Roberto Carlos mit seinem schwächeren rechten Fuß aus aussichtsreicher Position. Nach Rivaldos Schuss hielt Rüstü den Ball nicht fest, doch Ronaldo konnte den Abpraller nicht verwerten (23.). Erneut war es Rivaldo (34.), der Rüstü mit einem Schuss zu einer prächtigen Parade zwang. Zwei Minuten später verfehlte der Ball nach einem 17-Meter-Schuss von Rivaldo das Tor nur um Zentimeter. Auch Roberto Carlos (43.) scheiterte mit einem weiteren Versuch.

Der zweite Abschnitt begann mit einem Paukenschlag. Ausgerechnet Ronaldo, von dem bis dahin nur wenig zu sehen gewesen war, brachte die Brasilianer in der 49. Minute in Front. Nach einem Pass von Gilberto Silva setzte er sich gegen drei Abwehrspieler durch und überwand Rüstü mit einem Schuss mit der Fußspitze ins lange Eck. Fortan bemühten sich die Türken zwar vehement um den Ausgleich und spielten bis zum Strafraum auch gefällig. Doch Torgefahr strahlten ihre Aktionen nur selten aus. Die Südamerikaner dagegen verlegten sich auf das Kontern und waren durch Chancen von Edilson (58.) und Kleberson (61.) dem zweiten Tor näher als die Türken dem Ausgleich.

Brasilien: Marcos - Lucio, Roque Junior, Edmilson - Cafu, Gilberto Silva, Kleberson (85. Belletti), Edilson (75. Denilson), Roberto Carlos - Rivaldo, Ronaldo (68. Luizao) Türkei: Rüstü - Fatih Akyel, Bülent Korkmaz, Alpay, Ergün - Ümit Davala (74. Izzet), Tugay, Bastürk (88. Erdem), Emre Belözoglu (62. Mansiz), Sas - Hakan Sükür Schiedsrichter: Nielsen (Dänemark) Zuschauer: 61.058 Tor: 1:0 Ronaldo (49.)